- Portugiesische Sprache
Portugiesische Sprache. Die p. S. (o português [für portugales = portucalensis]), zu deren Gebiet nicht bloß das heutige Königreich Portugal, sondern auch die spanische Provinz Galicien mit beinahe 2 Mill. Einw. gehört, hat sich, wie ihre romanischen Schwestersprachen, aus der römischen Volkssprache, der lingua latina rustica, wie diese in der betreffenden römischen Provinz gesprochen wurde, gebildet. Am nächsten ist sie der kastilischen oder spanischen Sprache verwandt; nur hat sie weniger arabische Beimischung, zahlreiche ihr allein eigentümliche lateinische Bestandteile, und nahm, infolge der Erhebung Heinrichs von Burgund auf den portugiesischen Thron, eine größere Anzahl französischer Wörter in sich auf. Dabei hat das Portugiesische so viel grammatische Eigentümlichkeiten (z. B. den veränderlichen Infinitiv und das Plusquamperfektum), daß es keineswegs nur als Dialekt des Kastilischen, sondern als eigne selbständige Sprache zu betrachten ist. Was den Lautschatz betrifft, so hat das Portugiesische die dem Kastilischen ganz fremden Nasallaute, namentlich in flexibeln Auslauten, ersetzt die kastilischen Kehllaute durch gelinde Zischlaute und zeigt noch größere Neigung zum Vokalismus durch Brechung der Selbstlaute e und o in ei und ou sowie durch Erweichung und Ausstoßung von Konsonanten (g, l, d) im In- und Auslaute. Die Zusammenziehungen sind oft so bedeutend, daß charakteristische Laute ganz aus den Wörtern verschwinden, was diesen etwas Weiches und Süßes, aber auch Unbestimmtes und Kraftloses verleiht. Der Anfang des Vaterunsers lautet: »Pae nosso que estás nos ceos, santificado seja o teu nome«. – Die p. S. ist noch jetzt eine der ausgebreitetsten. Sie wird auf dem Festlande von 4,745,000 Menschen (wenn man von Galicien absieht), mit Einschluß der Kolonien, in Brasilien, auf den Kapverdischen Inseln, an den afrikanischen Küsten und in einigen Städten und Gebieten Ostindiens (Goa, Diu) aber von 20 Millionen gesprochen. Die portugiesischen Sprachproben sind ebenso alt wie die spanischen (zweite Hälfte des 12. Jahrh.). Von dem von der Akademie der Wissenschaften unternommenen Wörterbuch erschien nur der erste Teil (Lissab. 1793), den Buchstaben A enthaltend. Vollständige Wörterbücher sind die von dem Brasilier Ant. de Moraes Silva (Lissab. 1789; 7. Aufl. von F. A. Coelho, 1878, 2 Bde.), von Domingos Vieira (Porto 1875, 5 Bde.); Caldas Aulete »Diccionario contemporaneo« (Lissabon 1881), Candido de Figueiredo »Novo Diccionario« (das. 1899). Ein gutes etymologisches Handbuch ist das »Diccionario manual etymologico« von Coelho (Lissab. 1889). Die beste Grammatik war lange Zeit die von Barboza (»Grammatica philosophica da lingua portugueza«, 2. Aufl., Lissab. 1830; neueste umgearbeitete Auflage von Cortesão, Coimbra 1904); heute ist sie durch praktischere Werke ersetzt, wie E. da Silva Dias, »Grammatica portugueza« (11. Aufl., das. 1899). Einen »Ensaio sobre alguns synonymos da lingua portugueza« (Lissab. 1824–1828, 2 Bde.) lieferte San-Luiz; Beiträge zu einer wissenschaftlich-historischen Grammatik F. A. Coelho (s. d.); Bausteine zu einer solchen enthält auch die treffliche »Grammatik der romanischen Sprachen« von F. Diez; einen kleinen Abriß danach (»Manualetto«) formten Monaci und d'Ovidio (Imola 1881). Eine größere wissenschaftliche Grammatik verfaßte Reinhardstöttner (Straßb. 1878); vorzügliche Darstellungen der Lautlehre boten Jules Cornu (in Gröbers »Grundriß der romanischen Philologie«; Sonderausgabe, 2. Aufl., Straßb. 1905) und Gonçalves Vianna: »Essai de phonétique portugaise« (Par. 1883). Zur Einführung in das Altportugiesische dient Santa Rosa de Viterbos »Elucidario das palavras que em Portugal antiguamente se usarão« (Lissab. 1798–99; neue Ausg. von Innocencio de Silva, das. 1865). Die brauchbarsten portugiesischen Sprachlehren für Deutsche sind die von Bösche (2. Aufl., Hamb. 1876), Schmitz (2. Aufl., Leipz. 1897), Anstett (3. Aufl., Frankf. 1885), Kordgien (2. Aufl., Heidelb. 1899), und Lencastres Hilfsbüchlein »La langue portugaise« (Leipz. 1883). Ein »Portugiesisch-deutsches Wörterbuch« gab Wagner (Leipz. 1811), Handwörterbücher Wollheim da Fonseca (4. Aufl., das. 1893, 2 Tle.), Bösche (6. Aufl., das. 1897, 2 Bde.) und H. Michaelis (7. Aufl., das. 1905, 2 Bde.), eine »Chrestomathie nebst Wörterbuch« Ahlwardt (das. 1808) heraus. Praktischen Bedürfnissen dient der »Portugiesische Sprachführer« von Kordgien und C. M. de Vasconcellos (Leipz. 1895, in »Meyers Sprachführern«). Eine besondere »Grammatik der brasilianischen Sprache« verfaßte Platzmann (Leipz. 1874). Mit den Mundarten befaßte sich J. Leite de Vasconcellos in zahlreichen Einzeldarstellungen sowie in »Dialectologie portugaise« (Par. 1901) und »Estudos de philologia mirandesa« (1900–01, 2 Bde.). Mit den kreolischen Mischsprachen Afrikas, Asiens und Amerikas beschäftigten sich F. A. Coelho (»Dialectos romanicos ou neolatinos na Asia, Africa e America«, Lissab. 1881–86), H. Schuchardt (»Kreolische Studien«, Wien 1881–91, 9 Hefte) und P. R. Daigado (»Indo-portugues de Ceylao«, Lissab. 1900). Für das Galicische dient Saco Arces »Grammatica gallega« (Lugo 1868).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.