- Paläarktische Region
Paläarktische Region (östliche gemäßigte Region), tiergeographische Region, fast ganz Europa, den überwiegenden Teil Asiens und das nördliche Afrika umfassend (s. Karte »Tiergeographische Regionen«). Die p. R. ist die ausgedehnteste aller tiergeographischen Regionen; nördlich ist sie begrenzt von der arktischen Zirkumpolarregion, die in Europa und Asien bis zur Grenze des Baumwuchses herabgeht; in Asien bildet die Südgrenze der Himalaja und das Tal des Yangtsekiang. Die p. R. erstreckt sich vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean und umfaßt auch die Japanischen Inseln. In Afrika bilden die Sahara und die arabischen Wüsten die Grenze gegen die äthiopische Region. Die mittlere Jahrestemperatur in der ganzen Region ist gemäßigt, im Innern herrscht Festlandsklima mit großen Temperaturunterschieden, z. B. tiefen Wintertemperaturen in der sibirischen Subregion. Das westliche (europäische) Küstengebiet ist feuchter als das östliche. Besonders im nördlichen Teil ist das Land von großen Wäldern bedeckt, und im asiatischen Teil finden sich ungeheure Wüsten. Die Tiefebenen werden unterbrochen durch mächtige Gebirgsketten, auch finden sich gewaltige Süßwasseransammlungen, während allerdings Europa in seinem größten Teile Kulturland ist, so daß hier die natürlichen Existenzbedingungen geändert sind. Trotz ihrer Ausdehnung und ihrer mannigfachen Gliederung ist die p. R. relativ sehr arm an Charaktertieren und zeichnet sich hauptsächlich durch negative Charaktere aus. Im Diluvium haben auch in dieser Region Elefant, Nashorn, Flußpferd gelebt, die heute sich südwärts in der äthiopischen und orientalischen Region finden. Die p. R. zerfällt in vier Subregionen, deren gegenwärtige Grenzen allerdings nicht in allen Fällen sehr scharf sind: die europäische, die mediterrane, die sibirische und die mandschurische Subregion. Die europäische Subregion ist im N. begrenzt von der arktischen Zirkumpolarregion, im W. vom Atlantischen Ozean; im O. bildet die Grenze das Kaspische Meer und das Tal des Irtisch und Ob; im S. ist die Abgrenzung nicht scharf; sie wird hervorgerufen durch die Gebirgsketten des Kaukasus, des Balkans, der Alpen und der Pyrenäen. Charaktertiere dieser Subregion sind Maulwurf und Bisamspitzmaus (Myogale), die sich auf diese beschränken; die Nager sind durch Eichhörnchen, Hamster, Bilche, Mäuse, Feldmäuse, Biber und Hafen vertreten. Unter den Raubtieren ist der braune Bär, unter den Paarzehern die Gemse der Gebirge und die Saiga-Antilope der östlichen Steppen zu nennen, außerdem finden sich Hirsch und Reh; der früher allgemein verbreitete Wisent (Bison europaeus) lebt heute nur noch geschützt in Litauen und wild im Kaukasus. Von den Vögeln sind am zahlreichsten Finken und Sänger; charakteristisch ist die Nachtigall und im Gebirge der Lämmergeier. Reptilien sind wenig zahlreich, ebenso Amphibien; unter den Fischen überwiegen Karpfen; unter den Insekten sind vor allem Laufkäfer, unter den Mollusken Heliciden zu erwähnen. – Die mediterrane Subregion umfaßt die Mittelmeerländer, sie grenzt nördlich an die europäische Subregion, westlich an den Atlantischen Ozean, geht östlich bis zur Mongolei (einschließlich) und stößt südlich an die äthiopische Region, im ganzen ein breites, von Gebirgen eingesäumtes Querband von Wüsten und Meeren darstellend. Charakteristisch für diese Subregion sind das Kamel, das sich in Ostturkistan noch wild vorfindet, der Tarpan, das Prschewalskij-Pferd und der Dschiggetai; entsprechend dem Charakter der Subregion spielt die Wüsten- und Steppenfauna eine hervorragende Rolle, unter den Nagetieren speziell die Springmäuse der asiatischen und afrikanischen Wüste, unter den Vögeln die Sandflughühner und Steppenhühner, unter den Reptilien die Krötenköpfe. Von Raubtieren sind charakteristisch Genettkatze, Manguste, Schakal u.a. Antilopen finden sich außer der Saiga-Antilope speziell im afrikanischen Teil des Gebietes. Einige charakteristische Tiere weisen die Gebirge auf, so das Mähnenschaf, den Mufflon und andre nach den Gebirgszügen lokalisierte Formen der Gattungen Ovis und Capra. – Die sibirische Subregion erstreckt sich über ein sehr großes Gebiet hin, ist aber trotzdem arm an charakteristischer Fauna. Sie geht im N. ohne Grenzen in die arktische Region über, im W. stößt sie an die europäische Subregion, im O. erreicht sie den Stillen Ozean, ihre Südgrenze findet sie im Atlasgebirge und im Tal des Amur. Das Land trägt im nördlichen Teil ausgedehnte Wälder, die eine durch Verfolgungen stark dezimierte Masse von Pelztieren beherbergen, südlich folgt Ackerland und südöstlich Steppen; die Tierwelt ist sehr ähnlich der Fauna der europäischen Subregion; neben Eichhörnchen, Hermelinen und andern Pelztieren sind vor allem erwähnenswert die Seehunde im Baikalsee, Aralsee und Kaspischen Meer. – Die vierte Subregion, die mandschurische oder mongolische, umfaßt ganz Ostchina vom Amur bis zum Yangtsekiang; nördlich stößt sie an die sibirische Subregion, westlich an die mediterrane, südlich wird sie vom Yangtsekiang von der orientalischen Region abgegrenzt, während sie sich östlich bis auf das japanische Inselreich erstreckt. Die Fauna ist sehr charakteristisch. Bemerkenswert ist das Vorkommen von Affen in der Gebirgswelt der chinesischen Mongolei nördlich von Tibet, und der bärenartige Ailuropus melanoleucos. Unter den Raubtieren nimmt die erste Stelle der Tiger ein, der bis ins Amurtal und nach Sibirien geht. Die Insektenfresser scheinen hier ihr Entstehungszentrum zu haben, von wo aus sie sich nach Europa, Japan und Nordamerika verbreitet haben. Von den Paarzehern sind zu erwähnen der Yak, der tibetanische Mufflon, der merkwürdige chinesische Hirsch Milu, der Muntjak und das Moschustier; unter den Vögeln spielen Fasanen die Hauptrolle, auch ein Papagei findet sich bis zum 32.° nördl. Br. hinauf, der nördlichste altweltliche Papagei. Von Amphibien findet sich als interessantes Tier in den Gebirgsseen des Kuku-Nor der Riesensalamander. Japan trägt seiner langgestreckten Lage gemäß streng genommen nur in seinem mittlern Teile den Charakter dieser Subregion, schließt sich in seinem nördlichen Teil an die europäische Subregion an und zeigt in seinen südlichen Beimischungen den der orientalischen Region. Unter den japanischen Tieren ist neben dem Riesensalamander besonders eine Hundeart (Nyctereutes) zu nennen. Im südlichen Teile Japans finden sich (orientalischen Ursprungs) Fliegende Hunde.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.