- Paderborn [2]
Paderborn, Kreisstadt im preuß. Regbez. Minden, am Ursprung der Pader, die in mehreren starken Quellen am Fuße des Hügels entspringt, auf dem der Dom steht, die Stadt in fünf Armen durchfließt und bei Neuhaus in die Lippe mündet, 119 m ü. M., ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Soest-Börßum, Brackwede-P. u. P.-Büren sowie der Kleinbahn P.-Sennelager und hat sich nach dem Brand von 1875, durch den 220 Gebäude eingeäschert wurden, bedeutend verschönert. Unter den gottesdienstlichen Gebäuden der Stadt (6 katholische und eine evang. Kirche sowie eine Synagoge) nimmt der Dom eine hervorragende Stellung ein. Derselbe ist eins der vorzüglichsten frühgotischen Bauwerke (1163 vollendet), mit dem Leichnam des heil. Liborius in einem silbernen und vergoldeten Sarg, früher mit den goldenen Statuetten der zwölf Apostel, die Herzog Christian von Braunschweig 1622 entführte (vgl. Giesers, Der Dom zu P., Münst. 1860); sonst verdienen noch Erwähnung: die romanische Bartholomäuskapelle (1017), die neue, im spätgotischen Stil erbaute Herz-Jesukirche, die Jesuitenkirche und das Rathaus, letzteres 1614–16 erbaut und 1870–76 im urspünglichen Stil renoviert (s. Tafel »Architektur XI«, Fig. 5). Die Zahl der Einwohner beträgt (1905) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 158 und 2 Eskadrons Husaren Nr. 8) 26,468, davon 22,789 Katholiken, 3256 Evangelische und 420 Juden. P. hat eine Eisenbahnhauptwerkstätte, Glas-, Seifen- u. Tabakfabrikation, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei etc.
Der Handel wird durch eine Reichsbanknebenstelle unterstützt. P. ist Sitz eines Landgerichts, eines katholischen Bischofs, Domkapitels, Generalvikariats, einer Oberförsterei, des Stabes der 79. Infanteriebrigade und hat ein Gymnasium, eine theologisch-philosophische Lehranstalt mit theologischem Konvikt, ein Priesterseminar (vgl. dessen Geschichte von Schäfers, Paderb. 1902), eine Privatrealschule, ein Lehrerinnenseminar, Präparandenanstalt, Knabenseminar, Kloster der Barmherzigen Schwestern, eine Hebammenlehr- und Entbindungsanstalt, ein katholisches und ein jüdisches Waisenhaus, eine Blindenanstalt etc. Zu P. gehört das 10 Minuten davon entfernte Inselbad mit der alkalisch-erdigen Ottilienquelle, die der Arminiusquelle in Lippspringe in der Zusammensetzung entspricht und ebenfalls gegen Lungenschwindsucht empfohlen wird. Eine zweite Quelle mit Schwefelwasserstoff dient hauptsächlich zu Bädern, wird aber auch von Halsleidenden getrunken. Die Marienquelle liefert Stahlwasser. Vgl. Heim, Inselbad bei P. (Paderb. 1903). – Zum Landgerichtsbezirk P. gehören die 17 Amtsgerichte zu Beverungen, Borgentreich, Brakel, Büren, Delbrück, Erwitte, Fürstenberg, Gesecke, Höxter, Lichtenau, Lippstadt, Nieheim, P., Rüthen, Salzkotten, Steinheim und Warburg. – In P. (lat. Paderae fontes, Patris brunna) hielt Karl d. Gr. 777 den ersten Reichstag mit den unterworfenen Sachsen ab. Zu Anfang des 11. Jahrh. ward P. Stadt, trat dem Hansebund bei und erwarb eine gewisse Unabhängigkeit. 1532 wurde die evangelische Lehre unterdrückt; 22. April 1604 nahm Bischof Theodor P. ein und beraubte es seiner Privilegien. Im Dreißigjährigen Kriege ward es 1622 von Christian von Braunschweig und noch mehrmals besetzt. Die aus dem 1592 durch Bischof Theodor von Fürstenberg gestifteten Jesuitenkolleg 1614 entstandene Universität (»Theodorina«) mit einer theologischen und einer philosophischen Fakultät wurde 1819 aufgehoben. Vgl. Löher, Geschichte des Kampfes um P. 1597–1605 (Berl. 1875); W. Richter, Geschichte der Stadt P. (Paderb. 1899–1903, Bd. 1 u. 2); Freisen, Die Universität P. (das. 1898); Hübinger, Die Verfassung der Stadt P. im Mittelalter (Münst. 1899).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.