- Milzkrankheiten
Milzkrankheiten. Als primäre und selbständige M. sind eigentlich nur gewisse Formen der Leukämie (s. d.) bekannt. Vielleicht gehört hierher auch das neuerdings von Banti beschriebene. noch vielfach unklare und bestrittene Krankheitsbild der Anaemia splenica, bei dem Milzschwellung und schwere Blutarmut vorherrschen. Höchst selten kommen Echinococcusblasen in der Milz vor und fast nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Echinokokken in der Leber. Eine physiologische Hyperämie des Blutes in der Milz kommt einige Stunden nach jeder Mahlzeit zustande. Zu abnormen Stauungen führen Verengerungen und Verschließungen der Pfortader, wie sie bei manchen Leberkrankheiten vorkommen. Wenn die Milzkapsel nachgiebig ist, so kann sich das Organ in seinem Umfang wie in seinem Gewicht um das Vier- bis Sechsfache vergrößern. Krankhafte Schwellungen (Milztumoren) kommen bei vielen Krankheiten, zum Teil durch Ablagerung von Pigment, zum Teil wohl auch nur durch dauernde Blutüberfüllung (Hyperämie) zustande. So wird körniges Pigment bei der Melanämie und chronischer Malaria in der Milz aufgespeichert, so nimmt die Milz bei akuten Infektionskrankheiten im Blut kreisende Bakterien auf, und bei chronischen Bakterienkrankheiten, z. B. der Tuberkulose, wird sie sehr häufig an der Allgemeinkrankheit beteiligt. In einem Teil der Fälle bewirken die vom Blut her in die Milz übergeführten Bakterien nur eine Vermehrung der Zellen (Hyperplasie), die gemeinsam mit der (vorherrschenden) größern Blutfülle die Schwellung des Organs bedingt, z. B. beim Typhus abdominalis, petechialis und recurrens, bei Scharlach, Pocken und Wechselfieber. In andern Fällen siedeln sich Spaltpilze in der Milz an und bewirken lokale Entzündungen, wie beim Milzbrand, oder Abszesse; bei Tuberkulose z. B. enthält die Milz Tuberkeln, bei Wundfiebern, Herzklappenentzündung, Venenthrombose kommt es nicht selten zur embolischen Einschleppung bakterienhaltiger Partikeln, die herdweises Absterben des Milzgewebes mit späterer Vernarbung der Abszesse bedingen, auch durch Durchbruch in die Bauchhöhle und nachfolgende Bauchfellentzündung tödlich werden können. Die amyloide Degeneration der Milz (Speckmilz, Schinkenmilz) beruht auf amyloider Entartung der Milzfollikel (Sagomilz) oder der Pulpa (Schinkenmilz); sie kommt bei chronischer Abmagerung u. Auszehrung vor und ist eine der frühesten Lokalisationen des Amyloids. Auch bei Syphilis findet sich häufig eine chronische Schwellung der Milz. Am häufigsten sind Milzschwellungen in südlichen Klimaten, in denen die schweren Formen der Malaria herrschen. Die M. verursachen selten deutlich erkennbare Beschwerden; zuweilen klagen hysterische Personen über Schmerzen, die auf eine Lageveränderung der Milz (Wandermilz) bezogen werden, allein anatomisch lassen sich wirklich frei bewegliche Milzen nur ganz ausnahmsweise nachweisen. Die Behandlung der M. muß ebenso wie bei Krankheiten der Lymphdrüsen auf das Grundleiden (Typhus, Malaria, Syphilis) gerichtet sein; wenn diese unheilbar sind, wie Leberschrumpfung, schwere Nierenentzündung, Herzklappenfehler, so sind natürlich auch die davon abhängigen M. unheilbar. Chirurgische Entfernung der Milz kommt meist nur bei Verletzungen in Betracht, die meist bei Einwirkung stumpfer Gewalt auf die Bauchgegend mit stark blutender Zerreißung des Milzgewebes entstehen. Die bei Bantischer Krankheit und Milztuberkulose ausgeführte Entfernung bietet weniger günstige Aussichten.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.