- Manzōni
Manzōni, Alessandro, einer der größten italienischen Dichter, geb. 7. März 1785 in Mailand, gest. 22. Mai 1873, erhielt die erste Erziehung in Merate (1791–96) und Lugano (1796–98), vollendete seine Studien in Mailand und Pavia und folgte 1805, zwei Jahre vor dem Tode seines Vaters, seiner geistreichen Mutter, einer Tochter des berühmten Rechts gelehrten Beccaria, nach Paris, wo diese seit 1795 mit Carlo Imbonati lebte, und erhielt dort Zutritt zu den vornehmen philosophischen Kreisen. Sein erster poetischer Versuch waren der »Trionfo della libertà« (1801, erst Mail. 1878 gedruckt), das Idyll »Adda« (1803), drei »Sermoni« (1803–04) u. a. Um seine Mutter zu trösten, schrieb er 1806 das Gedicht »In morte di Carlo Imbonati« (Par. 1806), das sich schon durch jenen Adel der Gesinnung auszeichnet, der einen Grundzug in Manzonis Charakter bildet. Das mythologische Gedicht »Urania« (1807–09) zeigt ihn noch als Anhänger der klassischen Literatur. Bis dahin Freidenker, wandelte er nach seiner Verheiratung mit Luise Blondel (1808) allmählich seine religiösen Ansichten bis zum gläubigen Katholizismus um (1810; vgl. Bonghi, Horae subcesivae, Neap. 1888). Eine Frucht dieses Umschwunges waren seine fünf »Inni sacri« (1812–22), die zu den schönsten Schöpfungen der italienischen religiösen Lyrik gehören. Seinen Eifer für den katholischen Glauben betätigte er auch durch die »Osservazioni sulla morale cattolica« (Mail. 1819). Auch im Drama betrat M. einen neuen Weg. In seinen Trauerspielen: »Il conte di Carmagnola« (1816–20) und »Adelchi« (1820–22; deutsch von Schlosser, Heidelb. 1856) durchbrach er die starren Formen der französischen Schule und stellte die ersten Muster eines nationalen Dramas auf. Beide Stücke zeichnen sich durch ihre edle, gedankenreiche und harmonische Sprache aus; von besonderer Schönheit sind die Chöre. Allgemeine Bewunderung erregte Manzonis Ode auf Napoleons I. Tod: »Il cinque Maggio« (1821, gedruckt 1822). Den größten Ruhm aber verschaffte ihm sein Roman »I promessi sposi« (Mail. 1825–26, 3 Bde.), der erste italienische Roman im modernen Sinne des Wortes, gleich ausgezeichnet durch spannendes Interesse der Handlung wie durch die unvergleichliche Schilderung des italienischen Volkslebens im 17. Jahrh. und die Naturwahrheit der Charakterzeichnung. Das Buch wurde bald in alle gebildeten Sprachen übersetzt (ins Deutsche von Bülow, Leßmann, Clarus, Kaden; recht gelungen von E. Schröder, Hildburgh. 1867) und überall mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen. In der 3. Auflage erschien das Werk (Mail. 1840–43, 3 Bde.) in der Sprache mehrfach verändert und mit einem Anhang: »Storia della colonna infame«, versehen, einer strengen Prüfung und Verurteilung des gegen die angeblichen Urheber der Pest zu Mailand im 17. Jahrh. angestellten Kriminalverfahrens (Prachtausgabe, von Previati illustriert, Mail. 1900). Vgl. Negri, Sui Promessi sposi di Aless. M., commenti critici etc. (Mail. 1903, 2 Bde.). Schon 1810 war M. nach Mailand zurückgekehrt; 1819 begab er sich noch einmal auf 10 Monate nach Paris, und 1827 hielt er sich mit seiner Familie in Florenz auf. Seitdem lebte M., dessen erste Frau 1833 starb, seit 1837 zum zweitenmal verheiratet, in stiller Zurückgezogenheit in Mailand und auf seiner Villa in Brusuglio. Trotz seines strengen Katholizismus von warmer Begeisterung für ein einiges Italien erfüllt, begrüßte er die Ereignisse von 1859 mit aufrichtiger Freude. Er nahm daher auch 1860 die Ernennung zum Senator des Königreichs an. In dem letzten Jahrzehnt beschäftigte ihn vorzugsweise die Frage der sprachlichen Einheit Italiens. Er trat entschieden für die Vorherrschaft des Toskanischen ein. Gesammelt erschienen: »Opere varie di A. M.« (Mail. 1845, vermehrt 1870); »Opere inedite e rare di A. M.« (das. 1883–97, 5 Bde.); »Opere complete« in 7 Bänden (das. 1904 ff.), darin zum erstenmal von M. in seine Ausgabe nicht aufgenommene Stücke der »Promessi sposi«; »Epistolario di A. M«. (hrsg. von Sforza, das. 1882–83, 2 Bde.); »Lettere inedite«, herausgegeben von E. Gnecchi (das. 1896, 2. Aufl. 1900). Eine meisterhafte Verdeutschung von Dichtungen Manzonis lieferte Heyse in seinen »Italienischen Dichtern« (Bd. 1, Berl. 1889). Aus der überreichen Literatur über M. vgl. De Gubernatis, A. M. (Flor. 1879); Cantù, A. M. (2. Aufl., Mail. 1885); S. S[tampa], A. M., la sua famiglia, i suoi amici (das. 1885–88, 2 Bde); Piumati, La vita e le opere di A. M. (Tur. 1886); Petrocchi, Dell' opera di A. M. letterato e patriotta (das. 1886); Negri, Segni dei tempi (das. 1893); Beltrami, Alessandro M. (Mail. 1898); Vismara, Bibliografia Manzoniana (das. 1875).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.