Münzverbrechen

Münzverbrechen

Münzverbrechen (Münzdelikte), diejenigen strafbaren Handlungen, durch welche das öffentliche Vertrauen in Ansehung des Geldverkehrs betrügerischerweise geschädigt und die Münzhoheit des Staates beeinträchtigt wird. Dieselben können sich sowohl auf Metall- als auch auf Papiergeld beziehen, und zwar erachtet das deutsche Reichsstrafgesetzbuch dem Papiergeld nicht nur die von dem Reich, dem Norddeutschen Bund, einem Bundesstaat oder fremden Staat, sondern auch die von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Gesellschaft oder Privatperson ausgestellten Inhaberpapiere, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretenden Interimsscheine oder Quittungen sowie die zugehörigen Zins-, Gewinnanteils- oder Erneuerungsscheine gleich. Ebenso werden in Österreich nach § 106 des Strafgesetzbuches die von der Österreichisch-Ungarischen Bank ausgefertigten Noten aus Aktien sowie die von einer inländischen, von der Behörde genehmigten, öffentlichen Kreditanstalt ausgestellten Schuldverschreibungen den öffentlichen Kreditpapieren gleichgehalten. Im einzelnen werden folgende M. unterschieden: 1) Der Falschmünzerei (Münzfälschung) macht sich derjenige schuldig, der inländisches oder ausländisches Metall- oder Papiergeld oder Geldpapier nachmacht, um dies Falsifikat als echt zu gebrauchen oder sonst in den Verkehr zu bringen. Außer dieser Anfertigung falschen Geldes liegt eine Münzfälschung aber auch dann vor, wenn jemand echt gewesenes, aber nicht mehr geltendes (»verrufenes«) Geld in gleicher Absicht verändert, um ihm das Ansehen von gültigem Geld zu geben. Daß dies falsche Geld wirklich auch ausgegeben worden sei, wird zur Vollendung des Verbrechens nicht erfordert; die Herstellung desselben in der gedachten Absicht läßt das Verbrechen schon als vollendet erscheinen und soll nach dem deutschen Strafgesetzbuch mit Zuchthaus von 2–15 Jahren geahndet werden; auch kann auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe von 1 Tag bis zu 5 Jahren ein. 2) Münzverfälschung liegt dann vor, wenn entweder echtem Geld in betrügerischer Absicht der Schein eines höhern Wertes gegeben, oder wenn echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andre Art verringert und dann als vollgültig in den Verkehr gebracht werden. Im erstern Falle trifft den Schuldigen die gleiche Strafe wie den Falschmünzer, während im letztern Fall auf Gefängnisstrafe bis zu 5 Jahren erkannt werden soll, neben der noch eine Geldstrafe bis zu 3000 Mk., auch der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausgesprochen werden kann. Ein M. ist endlich auch 3) das wissentliche Einführen oder Ausgeben falschen oder verfälschten Geldes (Münzbetrug). Der schwerste Fall dieses Delikts ist der, wenn jemand Geld, das er ursprünglich ohne betrügerische Absicht nachgemacht oder verfälscht hatte, nun doch als echtes in den Verkehr bringt, oder wenn jemand sich solches nachgemachte oder verfälschte Geld verschafft und dann in den Verkehr bringt, oder wenn er es zum Zweck der Verbreitung aus dem Ausland einführt. Hier tritt dieselbe Strafe wie bei der Münzfälschung ein. Weiter gehört der Fall hierher, wenn jemand Metallgeldstücke, die durch Beschneiden, Abfeilen oder sonst irgendwie in ihrem Werte verringert sind, gewohnheitsmäßig oder im Einverständnis mit dem, der sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt. Die Strafe ist hier ebendieselbe wie bei dem leichtern Fall der Münzverfälschung. 4) Endlich ist es aber auch für strafbar erklärt, wenn man nachgemachtes oder verfälschtes Geld, das man selbst als echt eingenommen hatte, nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt. Die Strafe ist jedoch hier nur Gefängnis von 1 Tag bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe von 3–300 Mk. In allen diesen Fällen ist auf Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes und der zur Herstellung desselben benutzten Werkzeuge selbst dann zu erkennen, wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht möglich war. 5) Mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Hast bis zu 6 Wochen wird schließlich bestraft, wer ohne schriftlichen Auftrag seitens einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andre Formen, die zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld oder Geldpapier oder von Stempelpapier, Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen andern als die Behörde verabfolgt, oder wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Abdruck solcher Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen oder einen Druck von Formularen zu den eben bezeichneten öffentlichen Papieren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt oder Abdrücke an einen andern als die Behörde verabfolgt, oder wer jemand Warenempfehlungskarten, Ankündigungen oder andre Drucksachen oder Abbildungen, die in der Form oder Verzierung dem Papiergeld oder dem Geldpapier ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet, oder wer Stempel, Stiche, Platten oder andre Formen, die zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt. Mit Gefängnis bis zu 5 Jahren wird schließlich bestraft, wer von den unter Ziffer 1, 2 u. 3 aufgeführten Münzverbrechen zu einer Zeit Kenntnis erhält, in der sie noch hätten verhütet werden können, ohne der Behörde davon zur rechten Zeit Anzeige zu machen. Vgl. Reichsstrafgesetzbuch, § 4, 139, 146–152, 360, Nr. 4–6. Das in bezug auf nachgemachte verfälschte oder nicht mehr umlaufsfähige Reichsmünzen, die bei Reichs- und Landeskassen eingehen, zu beobachtende Verfahren ist auf Grund eines Bundesratsbeschlusses durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 9. Mai 1876 geregelt. Besondere Bestimmungen sind zum Schutze des zur Anfertigung von Reichskassenscheinen (s. d.) verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung getroffen. – Nach österreichischem Strafrecht muß man unterscheiden: 1) die Verfälschung öffentlicher Kreditpapiere (Strafe: schwerer Kerker von 10 Jahren bis zu lebenslanger Dauer); 2) die Münzverfälschung. Diese begeht, wer unbefugt Münze schlägt, wer falscher Münze das Ansehen echten Geldes gibt, wer echtes Geld im Wert und Gehalt verringert oder ihm die Gestalt von Stücken höhern Wertes zu geben sucht; endlich, wer Werkzeuge zur falschen Münzung herbeischafft. Die Strafe ist 5 10jähriger, bei mildernden Umständen 1–5jähriger schwerer Kerker. 3) Die Teilnahme an der Münzverfälschung, der sich jene Person schuldig macht, die verfälschtes Geld im Einverständnis mit dem Fälscher ausgibt; Strafe: schwerer Kerker von 1–5, unter Umständen bis 10 Jahren. Vgl. Gubser, Die M. in den kantonalen Strafgesetzgebungen der Schweiz, eine vergleichendkritische Studie (Zürich 1891); Gerland, Die Geldfälschungsdelikte des Deutschen Strafgesetzbuches (im »Gerichtssaal« 1901, S. 81 ff., S. 242 ff.); Del Mar, History of monetary crimes (New York 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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