- Mühlhausen
Mühlhausen, 1) (M. in Thüringen) Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Erfurt, ehemals freie Reichsstadt, an der Unstrut, Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Gotha-Leinefelde und der Eisenbahn M.-Ebeleben, 205 m ü. M., hat 9 evang. Kirchen (darunter die fünfschiffige Marien- oder Frauenkirche aus dem 14. und die Blasiuskirche aus dem 12. Jahrh. mit alten Glasmalereien), 2 kath. Kirchen, Synagoge, ein altertümliches Rathaus mit Archiv etc. und (1905) 34,359 Einw., davon 1786 Katholiken und 192 Juden. M. hat Fabrikation von Woll-, Baumwoll- und Halbwollwaren, Leder, Seife, Zigarren, Kautabak, Treibriemen, Leim, Holzwaren, Möbeln etc., Herstellung von Strick- und Nähmaschinen und Fahrrädern, Wollgarnspinnerei, Färberei, Bleicherei, Mälzerei und Bierbrauerei.
Der Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle und andre öffentliche Geldinstitute. M. ist Sitz eines Amtsgerichts (mit Strafkammer) und hat ein Gymnasium, eine Oberrealschule, ein evang. Schullehrerseminar, eine Handelsschule, Textilfachschule, ein Theater und ein Rettungshaus. M. (zuerst 775 urkundlich erwähnt), ursprünglich ein königliches Kammergut, wurde zu Anfang des 13. Jahrh. Stadt und erhielt dann Münz- und Zollrecht. Gegen die Burg, auf der ein königlicher Burggraf waltete, schloß sich die Stadt um die Mitte des 13. Jahrh. durch Mauern ab. 1251 erhielt sie durch Kaiser Konrad IV., 1254 durch Wilhelm von Holland das Recht, den Schultheißen zu ernennen, und wurde dadurch Reichsstadt, wenn auch jenes Amt noch im 14. Jahrh. eine Zeitlang an die Grafen von Henneberg verpfändet war. Inzwischen hatte die Stadt auch die Burggrafschaft erworben. Unter Karl IV. erhielten die Zünfte Vertretung im Rat. Aus den Stürmen des Bauernkriegs, während dessen Thomas Münzer (hingerichtet in Görmar bei M.) hier wirkte, rettete die Stadt ihre damals sehr bedrohte Freiheit und nahm 1542 die Reformation, die sich schon 1522 hier bemerkbar machte, an. Durch Ankauf und Ablösungen der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz (im ganzen 220 qkm). Seit dem 16. Jahrh. fanden in M. oft Fürstentage statt, auf dem im März 1620 der Kurfürst von Sachsen die Sache der Union preisgab und sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser erklärte. Am 3. Aug. 1802 kam M. an Preußen, 1807 an Westfalen und 1815 abermals an Preußen. Vgl. Herquet, Urkundenbuch der ehemaligen freien Reichsstadt M. (Halle 1874); Stephan, Verfassungsgeschichte der Reichsstadt M. (Sondersh. 1886, Bd. 1); Jordan, Chronik der Stadt M. (Mühlhaus. 1900 bis 1906, Bd. 1–3); Sommer, Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises M. (Halle a. S. 1881); Heydenreich, Aus der Geschichte der Reichsstadt M. (das. 1900); Jordan, Inscriptiones Mulhusinae (Mühlhaus. 1903) und Der Übergang der kaiserlich freien Reichsstadt M. an das Königreich Preußen (das. 1902); Thiele, Hundert Jahre unter Preußens Aar. 1802–1902 (das. 1902); Breuer, Der Kurfürstentag zu M. 1627 (Bonn 1904); Jordan, Beiträge zur Geschichte des städtischen Gymnasiums (Mühlhaus. 1895–1900, 5 Hefte); Nebelsieck, Reformationsgeschichte der Stadt M. (Magdeb. 1905); »Mühlhäuser Geschichtsblätter«, Zeitschrift des Altertumsvereins für M. und Umgegend (Mühlhaus. 1900 ff.); »Führer durch M. und Umgegend« (das. 1901). – 2) (M. in Ostpreußen) Stadt im preuß. Regbez. Königsberg, Kreis Preußisch-Holland, an der Staatsbahnlinie Güldenboden-Königsberg, 45 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Amtsgericht, Bierbrauerei, Töpferei, Gerberei, Ziegelbrennerei, eine Dampfschneidemühle, Holzhandel und (1905) 2304 Einw., davon 492 Katholiken. – 3) (tschech. Milevsko) Stadt in Böhmen, an der Staatsbahnlinie Tabor-Pisek, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat 2 kath. Kirchen, ein Schloß des Prämonstratenserstifts Strahow in Prag, Bierbrauerei und (1900) 2693 tschech. Einwohner. – 4) Dorf in Böhmen, bei Kralup (s. d.). – 5) Stadt im Elsaß, s. Mülhausen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.