Koordināten

Koordināten

Koordināten (lat., »zugeordnete«, nämliche Zahlen) eines Punktes, gewisse Zahlen, die dazu dienen, die Lage des Punktes auf einer Geraden, in einer Ebene oder im Raume zu bestimmen. Die K., die schon Fermat benutzte, die aber erst durch die »Géométrie« des Descartes (1637) allgemeine Verbreitung erlangt haben, sind das wesentlichste Hilfsmittel der analytischen Geometrie, die deshalb auch Koordinatengeometrie heißt. Um die Lage eines Punktes A auf einer gegebenen Geraden zu bestimmen (Fig. 1), wählt man einen beliebigen Punkt O dieser Geraden zum Anfangspunkt und setzt fest, daß die eine der beiden durch O abgeteilten Hälften der Geraden als positiv betrachtet werden soll, die andre als negativ (in der Figur ist die positive Hälfte durch einen Pfeil angedeutet). Die Lage jedes Punktes der Geraden ist dann vollständig bestimmt, wenn man seine Entfernung OA von O kennt und außerdem weiß, ob er auf der positiven oder auf der negativen Hälfte der Geraden liegt. Es ist deshalb zweckmäßig, die Entfernung OA selbst als positiv oder negativ zu betrachten, je nachdem A auf der positiven oder negativen Hälfte der Geraden liegt. Benutzt man noch eine Strecke von bestimmter Länge als Längeneinheit und ist a die positive Zahl, die angibt, wie viele Längeneinheiten und Teile von solchen die zwischen A u. O liegende Strecke der Geraden enthält, so wird man z. B. in Fig. 1, wo A und A' von O gleich weit abstehen, OA gleich +a setzen müssen und OA' gleich -a.

Fig. 1.
Fig. 1.

Bezeichnet man für einen beliebigen Punkt A die in diesem Sinne berechnete Entfernung OA mit x, so ist also jedem Punkt A der Geraden eine ganz bestimmte positive oder negative Zahl x=OA zugeordnet, die man die Abszisse von A in bezug auf den Anfangspunkt O nennt, und umgekehrt ist jede positive oder negative Zahl die Abszisse eines und nur eines Punktes der Geraden. Auf einer Geraden genügt also eine Zahl, um die Lage eines Punktes zu bestimmen. Um dieselbe Aufgabe in der Ebene zu lösen, benutzt man am einfachsten irgend einen Punkt O der Ebene als Anfangspunkt (Koordinatenanfang, Ursprung der K.) und zwei durch O gehende, auseinander senkrechte Gerade als Koordinatenachsen, von denen man die eine als die erste Achse (x-Achse), die andre als die zweite Achse (y-Achse) bezeichnet (Fig. 2). Jeder Punkt A der Ebene liegt dann auf einer ganz bestimmten Parallelen PA zur y-Achse (QA zur y-Achse), die auf der x-Achse (y-Achse) einen ganz bestimmten Punkt P (Punkt Q) ausschneidet.

Fig. 2.
Fig. 2.

Wählt man umgekehrt auf der x-Achse den Punkt P, auf der y-Achse den Punkt Q beliebig und zieht durch P(Q) die Parallele zur y-Achse (x-Achse), so schneiden diese Geraden einander stets in einem ganz bestimmten Punkt A der Ebene. Um daher die Lage von A zu bestimmen, hat man nur die Lage von P auf der x-Achse und die von Q auf der y-Achse zu bestimmen, wozu nach dem frühern nur nötig ist, auf jeder der beiden Achsen eine der durch O abgeteilten Hälften als positiv, die andre Hälfte als negativ zu bezeichnen (was in der Figur durch Pfeile angedeutet ist) und für jeden der Punkte P und Q auf seiner Achse die zugehörige Abszisse zu ermitteln. Bezeichnet man die Abszisse OP, die P auf der x-Achse bekommt, mit x und die Abszisse OQ, die Q auf der y-Achse bekommt, mit y, so nennt man OP=x die Abszisse (x-Koordinate) und OQ=y die Ordinate (y-Koordinate) des Punktes A in bezug auf die gewählten Koordinatenachsen, x und y zusammen seine K. Für x-Achse sagt man deshalb auch Abszissenachse und für y-Achse Ordinatenachse. Die ganze Figur der beiden Achsen, auf deren jeder eine positive Hälfte festgesetzt ist, heißt ein Achsenkreuz oder Koordinatensystem. Auf diese Weise gehören zu jedem Punkte der Ebene zwei ganz bestimmte, positive oder negative Zahlen x und y, seine K., und umgekehrt sind zwei ganz beliebige Zahlen x und y stets die K. eines ganz bestimmten Punktes der Ebene, sobald nur festgesetzt ist, daß sich die Zahl x auf die x-Achse und die Zahl y auf die y-Achse beziehen soll. Deshalb spricht man auch kurz von »dem Punkte x, y«. Da die Abszisse OP von A als Parallele zwischen Parallelen gleich QA ist, so kann man sie auch erklären als die Entfernung QA, die der Punkt A von der Ordinatenachse hat, wobei aber diese Entfernung positiv oder negativ zu rechnen ist, je nachdem A auf der Seite der Ordinatenachse liegt, auf welche die positive oder die negative Hälfte der Abszissenachse fällt. In demselben Sinn ist die Ordinate des Punktes A gleich seiner Entfernung von der Abszissenachse. Durch die beiden Koordinatenachsen wird die Ebene in vier Teile (Quadranten) zerlegt; aus den Vorzeichen der Zahlen x und y kann man erkennen, in welchem dieser vier Quadranten der Punkt x, y liegt. Für jeden Punkt einer Achse ist eine der beiden K. x, y gleich Null, für den Anfangspunkt O ist x=y=0. Die eben erklärten K. heißen rechtwinklig, weil sie rechte Winkel bilden; benutzt man zwei Achsen durch O, die das nicht tun, so kann man in ähnlicher Weise schiefwinklige K. einführen. Andrer Art sind die Polarkoordinaten, bei denen man (Fig. 2) die Lage eines Punktes A bestimmt durch seine (positiv gerechnete) Entfernung OA=r von einem beliebig gewählten Anfangspunkt O (dem Pol oder Zentrum der Polarkoordinaten) und durch den Win DOA=φ, den OA mit einer beliebig gewählten Halbgeraden OD (der Anfangsrichtung oder Polarachse) durch O bildet. Man nennt r den Radiusvektor, φ die Amplitüde des Punktes A und r, φ seine Polarkoordinaten. Fällt der Pol mit dem Anfangspunkt und die Polarachse mit der positiven Hälfte der x-Achse eines rechtwinkligen Koordinatensystems zusammen, so bestehen zwischen den rechtwinkligen K. x, y und den Polarkoordinaten r, φ eines beliebigen Punktes die Gleichungen: x=rcosφ, y=rsinφ, r=+√(x2+y2), auf Grund deren man von den rechtwinkligen zu den Polarkoordinaten übergehen kann und umgekehrt. Hat man in einer Ebene ein rechtwinkliges Koordinatensystem mit dem Anfangspunkt O, so kann man die Punkte des Raumes folgendermaßen durch Zahlen bestimmen: Man zieht durch O die zur Ebene senkrechte Gerade, nennt diese x-Achse und setzt fest, welche Hälfte der z-Achse positiv und welche negativ sein soll; die erste Ebene, in der die x-Achse und die y-Achse liegen, nennt man die xy-Ebene. Ist dann A ein beliebiger Punkt des Raumes und A' der Fußpunkt des von A auf die xy-Ebene gefällten Lotes, sind ferner x, y die K., die A' in der xy-Ebene bekommt, so setze man endlich A'A=z, wo A'A den Abstand des Punktes A von der xy-Ebene darstellt, und wo dieser Abstand A'A positiv oder negativ zu rechnen ist, je nachdem A auf der Seite der xy-Ebene liegt. auf welche die positive oder die negative Hälfte der z-Achse fällt. Die drei Zahlen x, y, z sind dann die K. des Punktes A im Raum, und es ist klar, daß umgekehrt drei beliebige Zahlen x, y, z immer die K. eines ganz bestimmten Punktes sind. Durch die Einführung der K. wird es möglich, die Untersuchung der ebenen Kurven, der krummen Flächen etc. auf die Untersuchung von Gleichungen zurückzuführen. Z. B. wird jede Gleichung von der Form y=lx+m. in der l und m bestimmte Zahlen sind, von den K. x, y aller Punkte der Ebene erfüllt, die auf einer gewissen Geraden liegen, man sagt daher, daß diese Gleichung die betreffende Gerade darstellt, und ebenso läßt sich jede Kurve der Ebene durch eine Gleichung zwischen den beiden K. x, y eines Punktes darstellen. Im Raume stellt eine Gleichung zwischen den drei K. x, y, z eines Punktes alle Punkte einer Fläche dar etc. Die Eigenschaften einer Kurve oder Fläche aus den Eigenschaften der sie darstellenden Gleichung abzuleiten, ist die Aufgabe und das Wesen der analytischen Geometrie. Näheres in den unter Art. »Geometrie« angeführten Lehrbüchern. Im 19. Jahrh. ist der Begriff der K. ungemein erweitert worden. Die projektive Geometrie veranlaßte zur Einführung der homogenen und der allgemeinen projektiven K., durch die gewisse den rechtwinkligen K. anhaftende Mängel vermieden werden. Allgemeiner sind die von Lamé eingeführten krummlinigen K. »Leçons sur les coordonnées curvilignes« (Par. 1859). Anderseits stellt z. B. die Gleichung: y=lx+m bei beliebiger Wahl von l und m eine Gerade der Ebene dar, und umgekehrt läßt sich (von gewissen Ausnahmen abgesehen) jede Gerade der Ebene durch eine Gleichung von dieser Form darstellen, in der l und m ganz bestimmte Werte haben. Man kann daher eine Gerade der Ebene auch durch die beiden Zahlen l und m bestimmen und kann diese Zahlen als Bestimmungsstücke oder, wie man geradezu sagt, als K. einer Geraden der Ebene auffassen. So kommt man zum Begriffe der K. der geraden Linie oder der Linienkoordinaten, der sich nach dem Vorgange von Plücker auch auf die geraden Linien im Raum übertragen läßt und zur Entwickelung einer ganz neuen Wissenschaft, der Liniengeometrie (s. d.), geführt hat.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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