Aktinomykose

Aktinomykose

Aktinomykose, von Bollinger 1877 erkannte Erkrankung am Strahlenpilz (Actinomyces, s. d.), dessen kugelige, strahlig gebaute Pilzrasen schon mit bloßem Auge als sandkorngröße Körnchen, z. B. im Eiter, zu erkennen sind. Anfänglich nur bei Rindern bekannt, wird A. neuerdings immer häufiger auch bei Menschen beobachtet. Beim Rind entstehen Geschwülste (Aktinomykome), brettharte Schwellungen der Umgebung des Pilzherdes (Holzzunge). Der Pilz schmarotzt auf Pflanzen, namentlich am Getreide, gelangt bei Tieren mit dem Futter in den Mund und dringt in die Zunge, die Zahnfächer, die Mandeln oder die Rachenschleimhaut ein. Daher tritt A. beim Rind am häufigsten als Kiefergeschwulst (Winddorn), Holzzunge oder Rachenaktinomykom, beim Schwein in den Halslymphdrüsen auf. Beim Rind ist jede Beule am Unterkiefer verdächtig; bei Rückgang des Nährzustandes ist die Zunge zu untersuchen. Schließlich können die Tiere nicht mehr kauen, weshalb baldiges Anmästen und Schlachten zu empfehlen ist. Thomassen hat bei Kühen das Jod als spezifisches Heilmittel erkannt (Jodtinktur in die Krankheitsherde eingeführt und zugleich Jodkalium innerlich). Operationen allein führen schwer zum Ziel, da sich die Pilze meist nicht gründlich beseitigen lassen und neu wachsen. Um so größer ist die Bedeutung der Prophylaxis; vor allem sind die Stallgeräte sorgfältig zu reinigen und die beim Schlachten der Tiere gefundenen Krankheitsprodukte unschädlich zu beseitigen. – Beim Menschen kommt die A. hauptsächlich in Gestalt von Eiterungen in der Umgebung des Mundes, vor der Wirbelsäule, in den Lungen, im Darm und dessen Umgebung vor. In dem entleerten Eiter finden sich die Aktinomycesdrusen als kleinste gelbe Körnchen. Auch entsteht brettharte Schwellung in der Umgebung des Pilzherdes (Holzgeschwulst am Halse). Die A. ist eine sehr ernste Krankheit, doch werden die aktinomykotischen Herde nach kürzerer oder längerer Zeit ausgestoßen, am schnellsten in Fällen, die sich auf Kopf und Hals beschränken. Schwerer sind die Fälle in der Lunge und im Unterleib. Die Behandlung muß eine chirurgische sein, doch lassen sich die Geschwülste häufig nicht ganz und bei tieferm Sitze gar nicht exstirpieren, und man unterstützt deshalb den chirurgischen Eingriff durch Jod. Eine direkte Übertragung der A. von Tieren auf Menschen war wenigstens nicht immer nachweisbar, dagegen wird der Pilz durch Einbohren von Getreidegrannen, z. B. beim Zerkauen von Ähren etc., in die Schleimhaut des Mundes, in die Mandeln, in den Darmkanal und durch hohle Zähne eingeimpft. Auf dem Lande kommt daher A. häufiger vor (Erntekrankheit) als in der Stadt. S. Madurafuß. Vgl. Ponfick, Die A. des Menschen (Berl. 1882).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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