Aksákow

Aksákow

Aksákow, 1) Sergej Timofejewitsch, russ. Schriftsteller, geb. 1. Okt. (20. Sept.) 1791 in Ufa, gest. 12. Mai (30. April) 1859 in Moskau, besuchte das Gymnasium in Kasan, dann seit 1805 die daselbst neuerrichtete Universität und begab sich 1808 nach Petersburg, wo er bei der Kodifikationskommission eine Stelle als Übersetzer bekleidete, bis er 1812 nach Moskau zurückkehrte und 1816 sich auf sein Erbgut im Gouv. Orenburg zurückzog. Nachdem er 1826 wieder nach Moskau übergesiedelt war, übernahm er hier eine Stellung als Zensor, gab aber 1832 auch dieses Amt wieder auf und wurde zwei Jahre darauf Inspektor, später Direktor des Feldmeßinstituts. 1839 nahm er seiner angegriffenen Gesundheit halber seinen Abschied und widmete sich fortan ganz der Literatur. Die liebenswürdigen, von einem künstlerischen Hauch durchwehten Eigenschaften seines Wesens spiegeln sich in allen seinen Schriften wider. Sein Hauptwerk ist die »Familienchronik und Erinnerungen« (Mosk. 1856; deutsch von Raczynski, Leipz. 1858), ein Meisterstück einfacher, gemütvoller Schilderung russischen Familienstillebens, ein wahrhaft klassisches Werk russischer Literatur (Bruchstücke davon erschienen bereits 1846 im »Moskovskij Sbornik«). Dieselbe anmutige Darstellung und warme Tonfärbung, verbunden mit aufmerksamem Blick für das geheime Leben und Weben der Natur, atmet auch sein erstes Werk »Aufzeichnungen über das Angeln« (Mosk. 1847) sowie die »Aufzeichnungen eines Jägers des Gouvernements Orenburg« (das. 1852) und die »Erzählungen und Erinnerungen eines Jägers« (das. 1855). Eine Fortsetzung der »Familienchronik« bilden die ebenfalls vortrefflichen »Kinderjahre Bagrows, des Enkels« (Mosk. 1858). Aus seinem letzten Lebensjahre stammen noch »Die Schmetterlingssammlung«, »Der Wintermorgen«. »Das Zusammentreffen mit den Martinisten« und die Novelle »Natascha«. Aksakows gesammelte Werke sind 1887 in Petersburg in 6 Bänden erschienen.

2) Konstantin Sergejewitsch, gleichfalls namhafter russ. Schriftsteller und Dichter, ältester Sohn des vorigen, geb. 10. April (29. März) 1817 auf dem Gute Aksakowo (Gouv. Orenburg), gest. 19. (7.) Dez. 1860 auf der Insel Zante. Er bezog 1832 die Universität in Moskau, wo er literarhistorische Studien, Philosophie und fremde Sprachen trieb und 1841 nach Verteidigung seiner Dissertation »Lomonossow in der Geschichte der russischen Literatur und Sprache« (erst 1847 erschienen) den Magistergrad erwarb. Von 1846 an war A. einer der tätigsten Mitarbeiter aller Zeitschriften slawophiler Richtung und der Chorführer der slawophilen Partei. Am deutlichsten treten seine Ansichten über die vermeintliche Mission der Slawen im Kulturleben der Völker hervor in den Schriften: »Das Leben der alten Slawen überhaupt und der Russen insbesondere« (Mosk. 1852) und »Bemerkungen zur neuen administrativen Organisation der Bauern in Rußland« (Leipz. 1861). Bemerkenswerter als sein Lustspiel »Fürst Lupowickij« (Leipz. 1857; 3. Aufl., das. 1861), seine dramatische Parodie »Oleg vor Konstantinopel« (Petersb. 1858) und seine eignen lyrischen Gedichte, die infolge der Zensurverhältnisse erst nach und nach in den letzten Jahren veröffentlicht wurden, sind seine Übertragungen einiger Gedichte von Schiller und von andern westeuropäischen Dichtern. Von einer auf 5 Bände berechneten Gesamtausgabe seiner Werke sind bisher nur 3 Bände (Bd. 1: »Historische Schriften«, Mosk. 1861; Bd. 2 und 3. »Philologische Schriften«, das. 1875–30) erschienen.

3) Iwan Sergejewitsch, Bruder des vorigen, Schriftsteller und Slawophile, geb. 8. Okt. (26. Sept.) 1823 auf dem Gute Nadeshino (Gouv. Ufa), gest. 8. Febr. (27. Jan.) 1886 in Moskau, besuchte bis 1842 die Petersburger Rechtsschule und wurde dann im Moskauer Senat und 1848 beim Ministerium des Innern angestellt. 1852 verließ er den Staatsdienst und widmete sich der Journalistik; doch der zweite Band seines »Moskovskjj Sbornik« brachte ihm das Verbot ein, Herausgeber oder Redakteur einer Zeitschrift zu sein. Er bereiste dann 1853 im Auftrage der Russischen Geographischen Gesellschaft Kleinrußland; seine 1858 herausgegebenen »Untersuchungen über den Handel auf den Jahrmärkten der Ukraine« (vgl. Bodenstedts »Russische Fragmente«, Leipz. 1862) wurden preisgekrönt. Nachdem er sich 1859 wieder die nötige Erlaubnis erwirkt hatte, wurde er Herausgeber mehrerer slawophiler Zeitungen, die jedoch sämtlich verboten wurden: des »Den'« (»Der Tag«, 1861 bis 1865), der »Moskva« (1867 bis Oktober 1868), des »Moskviě« (»Der Moskauer«) u.a. 1874 wurde er Direktor einer Moskauer Privatbank. Wegen einer zur Zeit des Berliner Kongresses im Slawischen Komitee gehaltenen Rede aus Moskau ausgewiesen, lebte A. einige Monate auf dem Lande im Gouv. Wladimir. Seit November 1880 gab er in Moskau die slawophile Zeitung »Rus'« (»Rußland«) heraus, bis ihn im Frühjahr 1885 körperliche Schwäche zur Aufgabe seiner schriftstellerischen Tätigkeit zwang. Seine Werke wurden von seiner Frau, Tochter des Dichters Tjuttschew (s. d.), herausgegeben; außerdem erschienen von ihm zwei Bände Briefe und eine Sammlung Gedichte.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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