- Camēra lucĭda
Camēra lucĭda (lat., »helle Kammer«), Vorrichtung zum Abzeichnen von Gegenständen nach der Natur, benannt als Gegenstück der zu demselben Zweck verwendbaren »dunkeln Kammer« (Camera obscura, s.d.). Die von Wollaston 1809 angegebene C. (Fig. 1) besteht aus einem vierseitigen Glasstück a b c d, das bei b einen rechten, bei d einen stumpfen Winkel von 135° hat.
Ein von dem Gegenstand kommender Lichtstrahl x, der auf die Vordersfläche b c des Glasstückes trifft und in dasselbe eindringt, wird zuerst an der Fläche c d, dann an da vollständig zurückgeworfen und gelangt, nachdem er aus der Fläche ab, nahe der Kante a, ausgetreten ist, von unten, in der Richtung der punktierten Linie kommend, in das Auge. Indem dieses, an der Kante a vorbei, auf das zur Aufnahme der Zeichnung bestimmte Papierblatt so nach abwärts blickt, daß die Hälfte des Gehloches p p von dem Glasstücke verdeckt wird, nimmt es das Bild des Gegenstandes wahr, als wäre es auf dem Papierblatt entworfen. Man kann daher die Umrisse des Bildes mit der gleichzeitig gesehenen Bleistiftspitze leicht nachzeichnen. Denselben Dienst leistet ein von Sömmerring 1808 angegebener kleiner Stahlspiegel (Sömmerrings Spiegelchen), der bei a d unter einem Winkel von etwa 45° aufgestellt, die vom Gegenstand kommenden Strahlen (x) bei p in das Auge sendet, während dieses neben dem Spiegelchen vorbei nach der zeichnenden Bleistiftspitze blickt. Zum Zeichnen der durch das Mikroskop erzeugten Bilder hat Nobert eine C. konstruiert, die so auf das Okular gesetzt wird, daß die Mitte des durch eine dünne Glasplatte ab (Fig. 2) bedeckten Rohres gerade über die Mitte des Okulars zu stehen kommt. Stellt man nun das Prisma d cf, das um die in der Zeichnung durch einen Punkt angedeutete Achse drehbar ist, so, daß die Lichtstrahlen von dem neben das Mikroskop gelegten Blatt Papier auf dem durch den Pfeil angedeuteten Wegen ins Auge gelangen, so sieht man das Bild des Papiers und der Bleistiftspitze an derselben Stelle, an der man die unter dem Mikroskop liegenden Gegenstände erblickt, und kann deren Umrisse leicht nachziehen.
Eine ähnliche Vorrichtung hat Abbe konstruiert. Auch das Sömmerringsche Spiegelchen kann zum Nachzeichnen von Mikroskopbildern verwendet werden.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.