Verkehrssteuern

Verkehrssteuern

Verkehrssteuern hießen früher die auf den Umlauf von Gütern gelegten Abgaben, wie Passagezölle, Brücken-, Wegegelder; zu denselben werden auch noch heute die in Frankreich, Italien, Österreich, England vorkommenden Transportsteuern (s. d.) gerechnet. Doch versteht man unter V. jetzt vorwiegend Abgaben, die unter verschiedenen Benennungen (Kaufakzise in Baden, Konfirmationstaxe früher in Nassau, Handänderungsabgabe in einigen Kantonen der Schweiz, Registrierungsgebühr, bez. Enregistrementin Frankreich, Stempelsteuer etc.) den Verkehr mit Vermögenswerten belasten. Auch manche unter dem Titel von Gebühren auftretende Abgaben, die bei Gelegenheit bestimmter Handlungen oder bei gewissen Vorgängen an Sachgütern erhoben werden, fallen darunter. Die wichtigsten sind: I. Die Steuern vom Verkehr unter Lebenden. Hierher gehören: 1) die Immobiliarverkehrssteuer (Besitzveränderungsabgabe), die bei Verkauf und Tausch von Immobilien unter Lebenden erhoben wird oder auch die Nutzungen unbeweglicher Sachen bei der Vermietung oder Verpachtung trifft; 2) die Steuer vom Verkehr mit beweglichen Vermögenswerten, wie die Steuer auf Schenkungen unter Lebenden als Ergänzung der Erbschaftssteuer, auf quittierte Zahlungen (Quittungssteuer [s. d.]), auf Eisenbahn-, Schiffahrts-, Frachturkunden (s. Transportsteuern), auf Emission und Übertragung von Wertpapieren (Börsensteuer [s. d.]), überhaupt auf Geschäftsabschlüsse in Effekten oder Waren (Umsatz-, Schlußstempel), auf Bildung oder Auflösung von Kapitalassoziationen (Aktiengesellschaften, Genossenschaften), auf Spieleinlagen und Glücksgewinne etc.; 3) die Steuer auf Sicherungs- und Versicherungsverträge, insbes. auf Realversicherungen; 4) auf den Verkehr mit Dienstleistungen, wie Schaustellungen, Konzerte (mehr zu den Aufwandsteuern gehörig); 5) auf Zeitungen, Annoncen, Vollmachten, Zeugnisse etc. (teils echte Aufwandsteuern [s. Zeitungssteuer], teils Gebühren. die wegen ihrer Höhe Steuercharakter annehmen). II. Die Steuer vom Vermögensverkehr von Todes wegen als Erbschaftssteuer (s. d.). Dann ist noch hierher zu. rechnen III. das vom Besitz der Toten Hand erhobene Gebührenäquivalent, das als Ersatzmittel von V. dient. Man hat die V. damit zu rechtfertigen gesucht, daß man sie als Gebühren auffaßte, die für eine besondere Leistung des Staates entrichtet werden. Doch kommen solche Leistungen bei vielen V. überhaupt nicht vor. Insbesondere können die meisten V. nicht als Vergütungen dafür bezeichnet werden, daß der Staat das Eigentum garantiere. Es ist überhaupt nicht möglich, sie alle systematisch zu begründen. Einzelne derselben lassen sich allerdings als Ergänzungssteuern rechtfertigen. Denn vielfach treffen sie steuerkräftiges Einkommen und zwar meist in Zeiten der Zahlungsfähigkeit (augenblickliche Verflüssigung des Vermögens, große Einnahmen etc.), das ohne sie unbesteuert geblieben wäre, einmalige außergewöhnliche Einnahmen, die noch nicht belastet werden konnten (Spielgewinn), ferner von der Aufwandsteuer freigelassene Ersparungen und Kapitalbildungen bei Erbgang, Schenkung, Verkauf, Vermietung, Verpachtung, Fondsansammlung bei Gesellschaften, oder knüpfen an Vorkommnisse, die auf vorhandenes steuerfähiges Einkommen schließen lassen. Für zahlreiche andre V. läßt sich freilich nur geltend machen, daß sie einträglich sind, ohne schweren Druck zu erzeugen, daß sie mit steigendem Verkehr mehr Einnahmen abwerfen und somit gestatten, von oft mißlichen und schwierigen Erhöhungen andrer Steuern abzusehen. Demnach richten sich auch die Einwendungen, die man gegen die V. erhoben hat, nicht gegen alle V., sondern nur gegen besondere Arten und Erhebungsformen, so dagegen, daß sie ungleichmäßig belasten, bald Doppelbesteuerung veranlassen, bald bei erlittenen Verlusten erhoben werden, daß sie die städtische Bevölkerung mit ihrem lebhaftern Verkehr stärker treffen als die des Landes, das Immobiliarvermögen stärker als das bewegliche, daß sie den Verkehr belästigen, schwer zu kontrollieren sind, deswegen zu Hinterziehungen anreizen und damit die Demoralisation begünstigen. Schwierig ist auch die Bemessung des Steuerfußes bei den verschiedenen V. In vielen Fällen, wo der Wert der Steuerobjekte nicht zu beziffern oder letztere wegen ihrer Geringfügigkeit eine kostspielige Unterscheidung nicht zulassen, muß man sich mit fixen Sätzen begnügen, während prozentuale Sätze anwendbar sind, wo die Objekte leichter zu bewerten und zu kontrollieren sind (Erbschaftssteuer). Als Erhebungsform empfiehlt sich die direkte Einziehung da, wo die zu besteuernden Vorgänge sich nicht der Öffentlichkeit entziehen, an wenigen Punkten zentralisiert leicht zu überwachen sind, der Mitwirkung der Behörde bedürfen und die Steuerbemessung schwierig ist. In andern Fällen ist die Stempelform (Steuermarke) unvermeidlich, so insbes. bei jenen in großer Zahl an den verschiedensten Punkten auftretenden Vorkommnissen, die amtlich nicht zu überwachen sind, bei denen ferner indirekt die wirkliche Benutzung von Stempeln außer durch Strafandrohung auch dadurch gefördert werden kann, daß gestempelten Urkunden, an die sich die Rechtsgeschäfte anknüpfen, im Streitfall vor Gericht gewisse Vorzüge eingeräumt werden u. dgl. (s. Stempel). Vgl. Hausmann, Verkehrssteuern (Berl. 1894); v. Heckel, Artikel »V.« im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, 2. Aufl., Bd. 7 (Jena 1901); Kleinwächter, Gebühren und V. (in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik«, 3. Folge, Bd. 29, das. 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Verkehrssteuern — Verkehrssteuern, indirekte Steuern, namentlich auf Rechtsgeschäfte und staatliche Interventionen (Immobilienverkauf, Erbschaft, Quittungen, Schenkungen, Annoncen etc.) …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Verkehrssteuern — s. Transportsteuern …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Steuern — Steuern, die Beiträge, die zum Zweck allgemeiner Kostendeckung der Staats oder Gemeindewirtschaft von Staats oder Gemeinde (Kreis etc.) Angehörigen, aber auch von im Staatsgebiet sich aufhaltenden Ausländern zwangsweise erhoben werden. Sie sind… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Гербовый сбор — I принадлежит к разряду пошлин (см.) и взимается путем обязательного в определенных случаях употребления изготовленной государством клейменой бумаги, оплачиваемой гораздо выше действительной ее стоимости, или же накладывания на простую бумагу… …   Энциклопедический словарь Ф.А. Брокгауза и И.А. Ефрона

  • Гербовый сбор (дополнение к статье) — Местом первоначального употребления гербовой штемпельной ( орлёной при Петре I в России) бумаги считается Голландия. В Испании она стала употребляться с 1636 г., во Франции с 1654 г., в Пруссии с 1686 г., в Англии с 1694 г., в России с 1699 г.… …   Энциклопедический словарь Ф.А. Брокгауза и И.А. Ефрона

  • Bundesministerium für Finanzen — Osterreich   Bundesministerium für Finanzen Österreichische Behörde …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesministerium für Finanzen (Österreich) — Bundesministerium für Finanzen Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1848 Hauptsitz in Wien Behördenleitung …   Deutsch Wikipedia

  • Due-Diligence-Prüfung — Due Diligence (DD), bekannt als „Sorgfaltspflicht“ (z. B. von Banken), bezeichnet die „gebotene Sorgfalt“, mit der beim Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien oder einem Börsengang das Objekt im Vorfeld der… …   Deutsch Wikipedia

  • Due Diligence — (DD), bekannt als „Sorgfaltspflicht“ (z. B. von Banken), bezeichnet die „gebotene Sorgfalt“, mit der beim Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien oder einem Börsengang das Objekt im Vorfeld der Akquisition oder des… …   Deutsch Wikipedia

  • FH Ludwigshafen — Vorlage:Infobox Hochschule/Mitarbeiter fehltVorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt Fachhochschule Ludwigshafen Gründung 1965 Trägerschaft …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”