- Schwerin [2]
Schwerin, 1) Hauptstadt des Großherzogtums Mecklenburg-S., im Kreis Mecklenburg oder Herzogtum S., das die größere Westhälfte des Landes umfaßt, in schöner Gegend zwischen der Westseite des Schweriner Sees und andern kleinern Seen, 38,4 m ü. M., hat schöne Straßen, 9 Plätze (darunter der Luisenplatz, der Alt- und der Neustädtische Platz und der Alte Garten, auf letzterm das von Rauch modellierte kolossale Erzstandbild des Großherzogs Paul Friedrich und das Kriegerdenkmal) und viele ansehnliche Gebäude, darunter das auf einer Insel zwischen dem Schweriner und dem Burgsee gelegene prächtige großherzogliche Residenzschloß (1845–58 nach den Plänen Demmlers, mit teilweisen Änderungen von Stüler, im Renaissancestil an der Stelle einer alten Wendenfeste nen erbaut) mit prächtigem Garten, in dem ein Denkmal für den Großherzog Friedrich Franz II. errichtet wurde. An kirchlichen Gebäuden besitzt S. 4 evang. Kirchen (darunter der 1365–1430 erbaute gotische Dom mit vortrefflichen Denkmälern, Glasmalereien und einer vorzüglichen Orgel und die gotische Paulskirche), eine kath. Kirche und eine Synagoge. Sonst sind noch nennenswert: der Kollegienpalast (Ministerium), das Prinzenpalais, der großherzogliche Marstall, das Arsenal, das Theater etc.
Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1905) mit der Garnison (2 Bataillone Grenadierregiment Nr. 89 und ein Feldartillerieregiment Nr. 60) auf 41,638 Seelen, davon (1900) 793 Katholiken und 299 Juden. Industrie und Handel sind nicht bedeutend. S. hat Eisengießerei, Maschinenfabrikation, Fabriken für musikalische Instrumente (darunter eine große Pianofortefabrik), Silberwaren, Glasschilder, Korke, Lackfirnis, Bierbrauerei, Dampfmahl- und Sägemühlen, ein Elektrizitätswerk, Spiritusbrennerei, Molkerei, Dampfschiffahrt etc. Für den Eisenbahnverkehr ist S. Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Ludwigslust-Wismar, S.-Parchim und S.-Rehna. An Bildungs- und andern öffentlichen Anstalten befinden sich dort: ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Predigerseminar, eine Präparandenanstalt, ein neues Museum mit Gemäldegalerie, eine Bibliothek, ein Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertümer, eine Geigenmacherschule, ein Waisenhaus, eine Idiotenanstalt u. a. S. ist Residenz des Großherzogs (seit 1837), Sitz der Landesbehörden, eines Landgerichts, einer Oberpostdirektion, der Direktion der Mecklenburgischen Friedrich Franz-Eisenbahn, eines Forstkollegiums, einer Forstinspektion, eines Hauptsteueramts, der Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Sparbank, der Mecklenburgischen Landes-Versicherungs-, der Hypotheken- und Wechselbank, des Ritterschaftlichen Kreditvereins für beide Mecklen burg etc., ferner des Kommandos der 17. Division, der 34. Infanterie-, 17. Kavallerie- und 17. Feldartilleriebrigade. Die städtische Verwaltung setzt sich zusammen aus dem Magistrat (9 Mitglieder) und dem Bürgerausschuß (50 Mitglieder). In der Nähe der Vergnügungsort Zippendorf und auf einer Anhöhe am Ziegelsee das Dorf Sachsenberg mit Irrenanstalt und 700 Einw. Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 15 Amtsgerichte zu: Boizenburg, Dömitz, Gadebusch, Grabow, Grevesmühlen, Hagenow, Krivitz, Lübtheen, Ludwigslust, Neustadt, Parchim, Rehna, S., Wismar und Wittenburg. – S. (Zwarin oder Swerin) ist slawischen Ursprungs, kommt zuerst 1018 vor, erhielt 1161 von Heinrich dem Löwen Stadtrechte und wurde Hauptstadt einer Grafschaft sowie 1167 Sitz eines Bistums. Nach der Säkularisation des Bistums 1648 kam es für das abgetretene Wismar an Mecklenburg. Vgl. Fromm, Chronik der Haupt- und Residenzstadt S. (Schwer. 1863); Lisch, S. bis zum Übergang der Grafschaft S. an das Haus Mecklenburg (das. 1877). – 2) Kreisstadt im preuß. Regbez. Posen, am Einfluß der Obra in die Warthe und an der Staatsbahnlinie Lissa i. P. – Landsberg a. W., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Synagoge, Realschule, Schullehrerseminar, Präparandenanstalt, Amtsgericht, Oberförsterei, Zigarren-, Stärke- und Möbelfabrikation, 2 Dampfsägemühlen, Ziegelbrennerei und (1905) 6768 meist evang. Einwohner.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.