- Lowe
Lowe (spr. lö), 1) Sir Hudson, Gouverneur von St. Helena während Napoleons Gefangenschaft, geb. 28. Juli 1769 in Irland, gest. 10. Jan. 1844, trat in die englische Armee, wurde 1791 Leutnant, 1803 Major und 1804 Oberstleutnant. 1805 diente er in Neapel unter Sir James Craig, verteidigte 1808 die Insel Capri gegen die Franzosen und erhielt, als er schließlich kapitulieren mußte, freien Abzug nach Sizilien. Später war er bei der Einnahme von Zante und Kephallinia tätig, avancierte 1812 zum Obersten, wurde 1813 englischer Kommissar bei dem Hauptquartier Blüchers und hierauf zum Generalmajor und 1815 zum Gouverneur von St. Helena ernannt. Wegen der ihm von der Regierung zur Pflicht gemachten Strenge, mit der er bei der Bewachung Napoleons verfuhr und jeden Fluchtversuch unmöglich machte, ist L., wenigstens zum Teil ohne seine Schuld, der Gegenstand ingrimmigen Hasses und vieler Verdächtigungen von seiten des gestürzten Imperators und seiner Gefährten in der Verbannung geworden. Nach Napoleons Tod kehrte er nach England zurück, ward 1823 Gouverneur der Bermudasinseln und 1830 Generalleutnant. Zu seiner Verteidigung schrieb er: »Mémorial relatif à la captivité de Napoléon à Ste-Hélène« (Par. 1830, 2 Bde.; deutsch, Stuttg. 1830). Vgl. außerdem die von dem ihm feindlichen O'Meara veröffentlichten Anekdoten aus seinem Leben (Par. 1822) und Lowes »Letters and journals from St. Helena« (hrsg. von Forsyth, Lond. 1853, 3 Bde.); Seaton, Sir Hudson L. and Napoleon (das. 1898) und Napoleon's captivity in relation to Sir Hudson L. (das. 1904).
2) Robert L., Viscount Sherbrooke, brit. Staatsmann, geb. 4. Dez. 1811 zu Bingham in Nottinghamshire, gest. 27. Juli 1892, studierte in Oxford, wo er später eine Zeitlang als Lehrer wirkte. Im Januar 1842 ward er Rechtsanwalt in London, doch wanderte er noch in demselben Jahre nach Australien aus, wo er es bald zu einer ausgebreiteten Praxis brachte. 1850 nach England zurückgekehrt, machte er sich durch Artikel über Kolonialverhältnisse in der »Times« bekannt, ward 1852 ins Unterhaus gewählt und erhielt im Ministerium Aberdeen die Stelle eines Sekretärs beim Indischen Amte, die er bis Februar 1855 bekleidete. Unter Lord Palmerston war er vom August 1855 bis zum Februar 1858 Vizepräsident des Handelsamtes und in dessen neuem Kabinett 1859 Vizepräsident des Unterrichtsrats, wurde jedoch 1864 durch ein von Lord R. Cecil beantragtes Tadelsvotum zum Rücktritt gezwungen, weil er die Berichte der Schulinspektoren tendenziös entstellt haben sollte. An der Regierung, die ihn nicht ausreichend unterstützt hatte, rächte er sich 1866, indem er durch seine Beredsamkeit wesentlich zur Verwerfung der Gladstone-Russellschen Reformbill beitrug; er war damals der eigentliche Führer der nach Brights spottendem Ausdruck sogen. Adullamiten (s. Adullam). Dessenungeachtet lehnte er den Eintritt in die neue Regierung des Lord Derby ab und opponierte mit gleicher Schärfe auch der Disraelischen Reformbill. Im Dezember 1868 trat er als Schatzkanzler in das Gladstonesche Kabinett. Seine Finanzverwaltung zeichnete sich durch große Sparsamkeit aus, war aber wenig populär, so daß Gladstone im Herbst 1873 das Amt selbst übernahm und L. zum Minister des Innern machte, welchen Posten er bis zum Februar 1874 behielt. In Gladstones zweites Ministerium trat L. nicht ein, wurde aber dafür 1880 mit dem Titel eines Viscount Sherbrooke zum Peer erhoben. Vgl. A. P. Martin, Life and letters of Robert L., viscount Sherbrooke (Lond. 1893, 2 Bde.); Hogan, Robert L., viscount Sherbrooke (das. 1893); Bryce, Studies in contemporary biography (das. 1903).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.