- Larsen
Larsen, Karl Halfdan Eduard, dän. Schriftsteller, geb. 28. Juli 1860 in Rendsburg als Sohn eines dänischen Offiziers, der bei Düppel fiel, wurde, früh verwaist, bei seinen Großeltern in Kopenhagen erzogen, trieb anfänglich soziologische Studien, vertiefte sich aber allmählich in literarische Interessen, die durch weite Reisen gefördert wurden, und trat endlich 1889 mit zwei Bühnenstücken: »Frauen« und »Ehre«, in die Öffentlichkeit. Seine folgende Produktion ist reich, interessant und vielseitig. Vor allem gilt es ihm, den Menschen in seiner Ursprünglichkeit, oder wie er ihn verzerrt als »Kulturabfall« findet, zu schildern. Bei der Frau fesselt ihn das Instinktive, Unzähmbare, und er zeichnet sie in »Schwester Mariannes Liebesbriefen« (1894), »Sechzehn Jahre« (1900; deutsch, Münch. 1903) und »Was siehst du aber den Splitter?« (deutsch, Berl. 1903), dessen erster Teil: »Die Beichte einer Frau« (1901; deutsch, Leipz. 1902), das Problem einer Ehe in der Gattin, der zweite: »Axel Halcks Aufzeichnungen« (1902), im Ehemann darstellt. In den Studiensammlungen »Außerhalb der Rangklassen« (1896), »Kresjan Westerbro« (1897) und »Dänische Männer« (1898) schildert er humoristisch und treffend den dänischen Volkscharakter durch verschiedene Kopenhagener Vagabundentypen. Das Embryonische, Unmittelbare in dem Seelenleben und in der Ausdrucksweise des einfachen Mannes hat ihn zu literarisch und kulturhistorisch originellen Arbeiten veranlaßt, wofür ihm der Professortitel verliehen wurde: »Dänischer Argot und Slang« (1895 bis 1896); »Dänische Soldatensprache« (1895); Auszüge aus Briefen und Tagebüchern von Soldaten u. d. T.: »Während unseres letzten Krieges« (1898) und das deutsche Original »Krieg und Menschen« (Kiel 1905.) Mit seinem Gefühl für das Wesentliche entwirft er Kulturbilder in der mittelalterlichen Chronik »Das bunte Buch« (1891), in seinen Reisebildern »Cirkel« (1893), »Luftfahrt« (1896; deutsch: »Im großen heiligen Rußland«, 1904), »Das poetische Deutschland« (1898, deutsch 1904), »Der Mut und der blanke Degen« (über Spanien, 1898) und »Fra det gamle Voldkvarter« (1899; deutsch in »Spießbürger«, Münch. 1902), dem vielgelesenen Kopenhagener Roman, der neben »Doktor Ix« (1896; deutsch, Berl. 1898) viel Selbstbiographisches enthält. Das Gesamtgepräge seiner Produktion ist das Zusammenwirken der Eigenschaften des Gelehrten, des Denkers und des Künstlers. Er steht den Erscheinungen wie ein Naturforscher gegenüber, und erst auf der Basis systematischen Wissens läßt er seine Dichtung langsam heranreifen. Wie sehr es bei ihm auf innere Wahrheit ankommt, beweist seine Untersuchung des Tatbestandes einer Heldenlegende aus dem letzten Krieg: »Dragoner Niels Kjeldsen und sein Mörder« (1903), der eine kaum zu beschwichtigende Fehde hervorrief.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.