- Kosciuszko [2]
Kosciuszko (spr. koschzjúschko), Thaddäus, der letzte Oberfeldherr der Republik Polen, geb. 12. Febr. 1746 aus altem Adelsgeschlecht in Mereczewszczyzna im Bezirk Slonim, gest. 15. Okt. 1817 in Solothurn, besuchte die Kadettenanstalt zu Warschau, sodann auf Staatskosten die Militärakademien in Versailles, Paris und Brest und trat hierauf als Hauptmann in die Armee. Weil der Marschall von Litauen und Vizekronfeldherr Joseph Sosnowski ihm seine Tochter versagte, verließ er Polen und trat 1777 als Washingtons Adjutant in nordamerikanische Dienste, in denen er bis zum Brigadegeneral stieg. 1786 nach Polen zurückgekehrt, trat er 1791 für die Konstitution vom 3. Mai ein und diente als Generalleutnant unter dem Oberkommando Joseph Poniatowskis gegen die Russen. Am 18. Juni 1792 focht er in den Ebenen von Zielenice und verteidigte 17. Juli an der Spitze von 4000 Polen und mit 8 Kanonen das verschanzte Lager bei Dubienka fünf Tage lang gegen ein 18,000 Mann und 40 Geschütze zählendes russisches Korps. Nach der zweiten Teilung Polens lebte K. in Leipzig, wo er von der Gesetzgebenden Versammlung in Frankreich das französische Bürgerrecht erhielt. Bei Erneuerung der polnischen Revolution traf er 23. März 1794 in Krakau ein, wurde am 27. von der Nationalversammlung zum Diktator proklamiert und rief die Polen zur Wiederherstellung der Verfassung von 1791 auf. Nach seinem Sieg über die Russen 4. April 1794 bei Raclawice brach 18. April auch in Warschau der Aufstand aus. K. setzte eine provisorische Regierung ein und zog sodann der verbündeten preußisch-russischen Armee entgegen, ward jedoch 8. Juni bei Szczekoczyn geschlagen und zog sich nach Warschau zurück, wo er die ausgebrochenen Volksunruhen beschwichtigte. Er wies alle Angriffe des preußisch-russischen Belagerungsheeres zurück, bis endlich 6. Sept. die Belagerung aufgegeben wurde. Hierauf hob K. die Leibeigenschaft auf und gab der Nation in dem Hohen Nationalrat, den er errichtete, die ihm anvertraute höchste Gewalt zurück. Als die Russen wieder vordrangen, schlug er sie 10. Okt. 1794 bei Maciejowice, 12 Stunden von Warschau, dreimal zurück, bis er beim vierten Angriff verwundet in feindliche Gewalt fiel; daß er hierbei ausgerufen habe: »Finis Poloniae«, hat er selbst bestritten. Von Katharina II. gefangen gehalten, von Paul I. im November 1796 freigelassen, ging er nach England und 1797 nach Amerika, wo er zurückgezogen im Kreise seiner alten Waffengefährten lebte, bis ihn 1798 eine Mission des Kongresses nach Frankreich führte. Napoleon I. versuchte 1806 K. für den Plan der Herstellung Polens zu gewinnen; doch blieb dieser seinem Paul I. gegebenen Wort, nie mehr gegen Rußland zu kämpfen, treu. 1814 bat K. den Kaiser Alexander I. schriftlich um Amnestie für die Polen in der Fremde mit der Aufforderung, sich zum König von Polen zu erklären und dem Land eine freie Verfassung zu geben, erhielt jedoch nur unbestimmte Zusagen und wurde, als er später den russischen Kaiser nach Auflösung des Wiener Kongresses in Braunau traf, kalt empfangen. Mit Lord Stewart machte er 1815 eine Reise nach Italien und widmete sich 1816 in Solothurn der Landwirtschaft. Sein Leichnam ward auf Anordnung des Kaisers Alexander I. 1818 in der Kathedrale zu Krakau beigesetzt. Sein Herz wurde 1895 dem polnischen Nationalmuseum in Rapperswil (Sankt Gallen) übergeben. Auch ward ihm 1823 auf dem Kosciuszkohügel bei Krakau (s. d.) ein Denkmal errichtet. Seine Biographie schrieben (in polnischer Sprache) Paszkowski (Krakau 1872), Zychlinski (Posen 1876), Tad. Korzon (Krakau 1894) u. a.; vgl. auch Arnold, Tadeuß K. in der deutschen Literatur (Vert. 1898).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.