- Jekaterinoslaw [1]
Jekaterinoslaw (»Katharinas Ruhm«). Gouvernement in Südrußland, grenzt im W. an das Gouv. Cherson, im N. an Poltawa und Charkow, im O. an das Donische Gebiet, im SO. an das Asowsche Meer, im S. an Taurien und hat ein Areal von 63,395 qkm (1151,3 QM.). Das Gouvernement wird vom Dnjepr, der sich hier nach S. wendet und mehrere gefährliche Stromschnellen (Porogen) bildet, bewässert; im NO. wird es vom Donez begrenzt, dem hier der Bachmut und die Luganj zufließen. Es bildet eine ausgedehnte Ebene, die im NO. in die Donezkische Höhenkette (s. d.) übergeht und von Steppen durchzogen wird. Der Boden ist Schwarzerde, nur im Süden herrscht Sandboden vor. Dank der Verschiedenartigkeit der geologischen Formationen ist das Gouvernement außerordentlich reich an natürlichen Bodenschätzen. Man findet Sand- und Kalkstein, Graphit, Schiefer, Zinnober, Kupfer, Kaolin, Ocker, feuerfeste Tone, Bergkristall, Basalt, Amethyst, Auerbachit und Granaten, vor allem aber mächtige Lager von Steinkohle und Anthrazit (im O. im Donezbassin), von Eisen- und Manganerzen (im O. sowie im SW.: Fundstätte von Kriwoj Rog [s. d.]) und von Steinsalz (Kreis Bachmut). Das Klima ist trocken und der Vegetation nicht günstig. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt+8,2°, die mittlere Niederschlagsmenge nur 373 mm. Die Bevölkerung, (1897) 2,112,651 an Zahl (33 auf 1 qkm), besteht vorzugsweise aus Kleinrussen, die etwa 75 Proz. ausmachen, ferner Deutschen, Juden, Großrussen, Griechen, Armeniern, Serben, Zigeunern. Nach dem Religionsbekenntnis gab es 92 Proz. Griechisch-Katholische, 3,3 Juden, 2,3 Lutheraner, 1,7 Katholiken, 0,5 Sektierer (darunter zahlreiche Stundisten) und 0,2 Proz. Mennoniten. Durch die natürlichen Schätze des Bodens ist der wirtschaftliche Charakter des Gouvernements bedingt. Die weitaus wichtigste Rolle spielt der Bergbau, die Hütten- und Eisenindustrie, und J. hat von allen russischen Gouvernements die größte Produktion an Kohle, Erzen und Salz, nämlich 1897: 3,899,100 Ton. Kohlen, 682,645 T. Eisenerze, 163,344 T. Manganerze, 334,593 T. Steinsalz, 616,6 T. Quecksilber. Daneben ist jedoch auch der Ackerbau von ansehnlicher Bedeutung. J. produziert namentlich viel Weizen (Girka und Arnautka) und Leinsaat, auch Zuckerrüben. Die Ernte ergab 1902: 1,321,800 Ton. Weizen, 351,400 T. Roggen, 837,500 T. Gerste, 86,400 T. Hafer und 55,400 T. Mais. Der Wald bedeckt nur etwa 11/4 Proz. des Areals und beschränkt sich auf die Flußtäler, wo besonders Eichen gedeihen. Die früher bedeutende Schafzucht ist neuerdings, infolge der Abnahme der jungfräulichen Steppen, sehr zurückgegangen. Man zählt etwa 1,665,000 Schafe, daneben 628,000 Stück Rindvieh, 364,000 Pferde, 180,000 Schweine, 14,000 Ziegen. Die Pferdezucht wird in 25 Gestüten betrieben. Von einiger Bedeutung ist ferner der Gemüse- und Gartenbau (Melonen, Gurken, rote Rüben), wogegen Jagd und Fischfang nur noch eine geringe Rolle spielen. Die Industrie ist in rascher Entwickelung begriffen. Einschließlich der bergbaulichen Betriebe zählt man etwa 3500 gewerbliche Anlagen mit 33,000 Arbeitern und einem Produktionswert von 40–50 Mill. Rubel. An erster Stelle steht die metallurgische Industrie, die 1897: 38,163 Ton. Eisen und 475,092 T. Stahl lieferte, dann folgt die Mühlen-, die Tabakindustrie, der Maschinenbau, die Industrie der Erden und Tone, die chemische Industrie etc. Von Bedeutung für die Kultur sind die deutschen Kolonien, deren erste vom Grafen Rumjanzow 1788 hier angelegt wurde. Jetzt gibt es deren 134 mit 64,354 Einw. Sie bilden 4 römisch-katholische, 5 protestantische und 5 mennonitische Kirchspiele. Die bedeutendern sind: Neudorf (1500 Einw.), Josephthal (1350 Einw.), Kronsweide (1230 Einw.), Jamburg (1500 Einw.), Chortitza (s. d.). Eingeteilt ist das Gouvernement in 7 Kreise: Alexandrowsk, Bachmut, J., Nowomoskowsk, Pawlograd, Slawjänoserbsk und Werchne-Dnjeprowsk. – J. ist seit 1572 mit Kolonisten bevölkert und wurde anfangs Neuserbien, seit 1764 Neurußland und 1783 mit dem jetzigen Namen benannt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.