- Ingemann
Ingemann, Bernhard Severin, dän. Dichter, geb. 28. Mai 1789 in Thorkildstrup (Falster), gest. 24. Febr. 1862 in Sorö, studierte in Kopenhagen, wurde 1822 Lektor und war 1843–49 Direktor der Akademie in Sorö. Seine ersten Werke: »Gedichte« (1811–12, 2 Bde.), »Proene«, mit der lyrisch-erotischen Novelle »Varners poetische Wanderungen« (1813), das Märchengedicht »Die schwarzen Ritter« (1814) und eine Reihe dramatischer Werke, von denen »Masaniello« und »Blanca« (1815) den größten Erfolg im Publikum, wenn auch nicht bei der Kritik erzielten, sind alle den deutschen Romantikern nachempfunden; sie atmen verschrobene Sentimentalität und phantastische Unwahrheit. Erquicklich sind nur die durch Hoffmann angeregten »Märchen und Erzählungen« (1819), die später noch um mehrere Bände erweitert wurden. Das Ergebnis einer Reise nach Südeuropa (1818–19) war Ingemanns Gedichtsammlung »Die Reiseleier« (1820, 2 Bde.; neue Ausg. 1845). Seit 1822 in Sorö verheiratet, näherte sich der Dichter allmählich dem wirklichen Leben, das er in mild humanem Geist auffaßte. Die Ergebnisse sind die berühmten historischen Romane aus der dänischen Geschichte des Mittelalters: »Valdemar der Große und seine Mannen« (1824) in Versen; »Valdemar Sejer« (1826); »Erik Menveds Kindheit« (1828); »König Erich und die Vogelfreien« (1833); »Prinz Otto von Dänemark« (1835); das romantisch-historische Gedicht »Königin Margrete« (1836) und der Romanzenzyklus »Holger Danske« (1837). Im Gegensatz zu seinem Vorbild, Walter Scott, hat I. die historische Treue gänzlich seiner dichterischen Phantasie geopfert. Die patriotische Wärme und die liebenswürdige Naivetät dieser Romane hat sie aber zu Volksbüchern gemacht, die das Nationalgefühl mächtig entfacht haben. Literarisch beurteilt liegt Ingemanns Größe in seinen geistlichen Gesängen: »Höjmessepsalmer« (1825) und« »Morgen-og Aftensange« (1839), in denen sich kindliche Frömmigkeit mit idyllischem Naturgefühl zu hoher poetischer Wirkung verbindet. Seine liebenswürdigsten Eigenschaften zeigt I. auch in dem Gegenwartsroman »Die Dorfkinder« (1852) und in der religiösen Dichtung »Gedanken in Briefen von einem Verstorbenen« (1855). Die meisten der genannten Werke erleben noch fortwährend neue Auflagen und wurden auch ins Deutsche übersetzt. Seine »Samlede Skrifter« erschienen in vier Abteilungen: I: dramatische Werke (1843, 6 Bde.; 2. Aufl. 1853), II: historische Dichtungen und Romane (1847–51, 12 Bde.), III: Märchen und Erzählungen (1847–64, 13 Bde.), IV: Romanzen und Gedichte (1845–64, 9 Bde.). Nach Ingemanns Tode gab Galskjöt dessen Selbstbiographie »Min Levnetsbog« (1862) und »Tilbageblik paa mit Liv og min Forfattervirksomhed« (1863) heraus. Sein Briefwechsel mit Grundtvig erschien 1881. Vgl. Nörregaard, B. S. Ingemanns Digterstilling og Digterværd (Kopenh. 1886); Schwanenflügel, Ingemanns Liv og Digtning (das. 1886); R. Petersen, Mindeskrift over B. S I. (das. 1889).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.