Horn [2]

Horn [2]

Horn (ital. Corno, franz. Cor, engl. Horn), das bekannte, durch Weichheit des Tones vor allen andern ausgezeichnete Blechblasinstrument, entweder als Naturinstrument (Naturhorn, Waldhorn, Corno di caccia, Cor de chasse, French horn) oder (in neuerer Zeit fast ausnahmslos) mit Ventilen, Zylindern, Pistons, d. h. einem Mechanismus, der die Schallröhre durch Einschaltung kleiner Extrawindungen verlängert und dadurch die Naturskala verschiebt (Ventilhorn). Auf dem Wald- oder Naturhorn (s. Tafel »Musikinstrumente III«, Fig. 1 la) werden Töne verschiedener Höhe nur durch verschieden starkes Überblasen hervorgebracht. Es ist ein sogen. Halbinstrument, d. h. so eng mensuriert, daß der tiefste Eigenton nicht anspricht, sondern sogleich in die Oktave überschlägt; obgleich die Schallröhre mehr als 16 Fuß lang ist (im Kreis gewunden), so ist doch der tiefste Ton des C-Horns das große und nicht Kontra-C. Man schreibt seltsamerweise diejenigen Töne des Horns, die man im Baßschlüssel notiert, eine Oktave tiefer, als man sie im Violinschlüssel notieren würde. Das Waldhorn existiert in den Stimmungen von hoch B bis tief A (eine Septime höher bis eine kleine Terz tiefer als die C-Stimmung). Während in der Tiefe der Umfang stets durch denselben Ton der Naturskala begrenzt wird (dem zweiten Ton der Reihe, vgl. Klang), bestimmt in der Höhe die wirkliche Tonhöhe die Grenze für den Orchestergebrauch (c´´ cis´´ d´´). Die nach der Tiefe hin immer größern Lücken der Naturskala werden z. T. ausgefüllt durch gestopfte Töne, da jeder Naturton um einen halben, zur Not auch um einen ganzen Ton dadurch vertieft werden kann, daß der Bläser die Hand in die Stürze schiebt. Stopftöne haben aber im Vergleich mit den natürlichen, weich und voll tönenden einen gepreßten, dumpfen Klang. Die Einführung der Ventile beseitigt die Notwendigkeit, gestopfte Töne zu gebrauchen, beläßt aber die Möglichkeit ihrer Anwendung für charakteristische Effekte. Man unterscheidet im Orchester erstes und zweites H., bei stärkerer Besetzung Gruppen zu je zwei Hörnern, von denen eins als erstes, das andre als zweites H. behandelt wird. Das erste H. gebietet über die höchsten, das zweite über die tiefsten Töne, jenes hat ein engeres Mundstück als dieses. Ein Mittelding, dem die höchsten wie die tiefsten Töne schwer werden, aber ein großer mittlerer Umfang zu Gebote steht, ist das von französischen Hornvirtuosen in Aufnahme gebrachte Cor mixte. – Das Instrument wird zuerst 1637 von Mersenne beschrieben; seine älteste Stimmung ist die in hoch D (7 Fuß lang). Zuerst wurde es wohl, wie auch der Name Waldhorn andeutet, bei Jagden zum Signalgeben gebraucht (Prätorius [16201 nennt ein Instrument »Jägertrompete«). 1664 taucht es zuerst in einer Opernpartitur auf (in Lullys »Princesse d'Elide« als Trompe de chasse). Neben der ursprünglichen Stimmung in hoch D kamen allmählich tiefere auf, deren Zahl durch Einschaltung besonderer Bogen dicht unterm Mundstück (die sogen. Stimmbogen) um 1760 durch Hampel (»Inventionshorn«) derart vermehrt wurde, daß nun für alle Töne der chromatischen Skala besondere Hornstimmungen herstellbar wurden. Derselbe Hampel ist auch der Erfinder der Stopftöne. 1765 ersteht bereits in Rodolphe in Paris der erste bedeutende Hornvirtuos. Das um 1770 auftauchende Klappenhorn war nicht ein H., sondern ein Bügelhorn (s. d.). Seine Vollendung in bezug auf Spielgeläufigkeit erhielt aber das H. erst durch die von Blühmel und Stölzel in Breslau 1814 erfundenen und in der Folge von Dauprat (Paris, 1818), C. A. Müller (Mainz, 1830) und Sattler in Leipzig verbesserten Ventile (vgl. Piston). Stölzel selbst brachte zwei Ventile an, deren eins den Ton um einen halben, das andre um einen ganzen Ton, beide zugleich angewendet um eine kleine Terz erniedrigten; Müller fügte ein drittes Ventil hinzu, das, allein angewendet, den Ton um anderthalb, mit den beiden andern zugleich gebraucht, um eine übermäßige Quarte erniedrigt. Dem Ventilhorn (corno cromatico, s. Tafel »Musikinstrumente III«, Fig. 1 lb) steht eine chromatische Skala durch ca. drei Oktaven zu Gebote. Der Hornist Meifred in Paris erfand 1826 die »Auszüge« zur Regelung der Ventilröhrenstücke bei Einschaltung eines andern Stimmbogens (die Ventilhörner werden gewöhnlich in F gebaut). Andre unwesentliche Verbesserungen rühren von Cerveny in Königgrätz her (Tonwechselmaschine, vermittelst der man ohne Aufsetzen von Bogen nur durch Drehen eines Zeigers auf einem mit den chromatischen Tonstufen bezeichneten Zifferblatt die Stimmung des Instruments sofort beliebig verändern kann). Ein ganz neues System der Ventile (pistons indépendants) erfand in neuerer Zeit Ad. Sax in Paris. Danach wird durch die Ventile die Schallröhre nicht verlängert, sondern verkürzt, und statt dreier Ventile sind sechs angebracht. Notiert wird auch für das Ventilhorn stets die Naturstimmung der Instrumente als C dur. Aus der nicht gerade reichen Literatur für H. sei Schumanns Quadrupelkonzert für vier Hörner (Op. 86) hervorgehoben. Ausgezeichnete Hornschulen schrieben Domnich, Duvernoy, Dauprat, Gumbert und Kling. – Das Posthorn ist keineswegs eine kleinere Hornart, hat vielmehr wie das Bügelhorn weitere Mensur, daher gemeinern Klang und die Möglichkeit der Benutzung seines tiefsten Naturtons; aus ihm entwickelte sich durch Anbringung des Ventilmechanismus das Cornet á pistons (s. Kornett). Vgl. Gumbert, Posthornschule (Leipz. 1904); Niemann, Das Posthorn (im »Daheim«, 1904, Nr. 34). – Das Englisch Horn (s. d.) hat mit dem Waldhorn nichts gemein.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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