Honigtau

Honigtau

Honigtau (Blatthonig, Melligo, Mel aeris, Ros mellis), eine zuckerhaltige, klebrige Flüssigkeit, die bisweilen auf den Blättern der Pflanzen als ein gleichmäßiger Firnis oder in Form kleiner Tröpfchen auftritt oder auch auf die darunter befindlichen Gegenstände abtröpfelt und dieselben befeuchtet. Am häufigsten erscheint H. in den heißen Sommermonaten, vorzugsweise an Holzpflanzen; besonders leiden Linden, Ahorne, Ulmen, Weiden und Nußbäume daran. Er enthält Mannit, Traubenzucker, Rohrzucker, Dextrin in wechselnden Mengen und wird nach Büsgen von Blattläusen erzeugt, die oft in zahllosen Scharen auf der Unterseite der Blätter und auf den jungen Trieben leben und mit ihrem Rüssel Saft aus der Pflanze saugen, den sie nach der Verdauung durch den After als Tröpfchen von sich spritzen; letztere fallen dann auf die darunter befindlichen Blätter und überziehen die Oberseite derselben als glänzender Firnis. Tritt H. bei Abwesenheit von Blattläusen auf, so rührt er von benachbarten, mit Blattläusen besetzten Pflanzen her. Der H. ist für die Pflanze schädlich,indem er einen oft mit Staub u. dgl. gemengten Überzug auf den Blättern bildet, der die Verdunstung und den Gasaustausch des Blattes stört; auch können an ihm sehr leicht die Sporen gewisser Pilze, wie besonders der Rußtauarten (Capnodium, Fumago), haften und sich darin weiter entwickeln; daher zeigt sich auf den davon überzogenen Stellen später Meltau oder Rußtau, der nach Büsgen nur in dem H. einen geeigneten Nährboden findet, in reinem Wasser aber nicht zur Entwickelung kommt. Jedoch wird nicht von allen Blattlausarten ein zur Ernährung von Rußtau geeigneter H. ausgeschieden; letzterer fehlt z. B. auf Blättern des Faulbaums mit Aphis Padi sowie des Spindelbaums mit Aphis Evonymi. Der H. beim Getreide erscheint besonders am Roggen nach der Blüte als eine trübe, süßliche Flüssigkeit, die zwischen manchen Spelzen hervordringt und oft abtropft. Der seit langer Zeit in der Praxis bestehende Glaube, daß, je reichlicher solcher H. sich zeige, um so mehr Mutterkorn später im Felde zu finden sei, ist wohlbegründet, weil eben diese Flüssigkeit von einem in der Getreideblüte lebenden Vorstadium des Mutterkornpilzes, der Sphacelia, abgesondert wird (vgl. Mutterkorn); letztere kann durch Insekten auf gesunde Getreideblüten übertragen werden, die dann ebenfalls nach kurzer Zeit H. abscheiden. Vgl. Büsgen, Der H. (Jena 1891).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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