Hohe Häuser

Hohe Häuser

Hohe Häuser (hierzu die Tafel »Hohe Häuser«), auch Turmhäuser, Riesenhäuser, engl. Skeleton buildingsSkelettbauten«), SkyscrapersWolkenkratzer«) genannt, Geschäftshäuser von riesiger Höhe, die infolge der Reklamesucht und der ungeheuern Steigerung der Grundstückwerte in den Geschäftsvierteln der amerikanischen Weltstädte, namentlich in New York und Chicago, entstanden sind. Wie aus der Tabelle unten ersichtlich, ist diese Höhe bis über 100 m, die Zahl der Stockwerke jener Häuser bis zu 20 und mehr getrieben worden. In Boston ist die größte polizeilich zulässige Höhe 37,5 m. Die Bauordnungen von New York und Chicago kennen bis jetzt keine Höhenbeschränkungen, und obwohl auch dort die hohen Häuser bisher immerhin nur Ausnahmen bilden und von einer Beschränkung des Lichtes und der Luft durch dieselben kaum gesprochen werden kann, so rücken die Riesenhäuser stellenweise doch schon, namentlich mit Rücksicht auf das Stadtbild, bedenklich nahe aneinander. In ästhetischer Beziehung lassen sich die hohen Häuser überhaupt kaum rechtfertigen; es sind bisher wenige auch nur einigermaßen befriedigende Lösungen gelungen. Als Wohnhäuser kommen die Riesenhäuser selbstverständlich nicht vor; es sind durchweg Geschäftsgebäude, in denen allenfalls Restaurationen, auch Theater oder, wie z. B. beim Freimaurerhause (Masonic Temple) in Chicago (Tafel, Fig. 3), Räumlichkeiten für Vereine, Gesellschaften, amerikanische Weltzeitungen etc. enthalten sind. Bis zu einer Zahl von 17 Stockwerken hat man freilich bereits auch Hotels getrieben. Die bequeme Benutzung und gute Verwertung der höhern Stockwerke, die ihrer Helligkeit, Lustigkeit und schönen Aussicht wegen sogar gesucht werden, ist selbstredend nur durch ausgedehnte Anwendung von Fahrstühlen möglich. Der Freimaurertempel in Chicago hat deren 18 mit einer Fassungskraft von täglich 40,000 Personen auf einer Gebäudegrundfläche von nur 1735 qm. Der ausgedehnte Ersatz der Menschenarbeit durch Maschinenarbeit, Ersparnisse bei der Verwaltung und Überwachung, beim Betriebe der Kessel-, Maschinen- u. Fahrstuhlanlagen, bei der Beleuchtung, Zentralheizung, Be- und Entwässerung sprechen, von der Ausnutzung des Grund und Bodens abgesehen, zugunsten der hohen Bauweise. Dagegen sind bei ihr die Feuerversicherungsprämien sehr hoch; es gibt Gesellschaften, die diese Häuser überhaupt nicht aufnehmen.

Die Grundrisse der hohen Häuser nähern sich meist dem Quadrat, doch kommen auch langgestreckt-rechteckige (z. B. Havemeyer-Gebäude in New York) und schiefwinklige (World-Gebäude in New York, Tafel, Fig. 2), auch L-, U- und H-förmige vor. Für den Aufbau gibt es verschiedene Systeme. Für Häuser mit 7–10 Geschossen wurde zunächst die auch bei uns übliche Bauweise mit vorwiegend steinerner Vorderwand, Abfangung der Scheide- und Mittelwände durch Unterzüge und Ersatz der Innenpfeiler durch eiserne Säulen beibehalten. Dann ging man zur Entlastung der Fronten durch Anordnung von Eisensäulen an den Innenfluchten derselben oder in Schlitzen daselbst über. Auch bildete man die Vorderwände teils aus Steinpfeilern, teils aus umkleideten Eisengerippen. Endlich wurden die Vorderwände ganz aus umkleideten Stahlgerippen hergestellt. Die Decken pflegen scheitrechte Kappen aus porigen Lochsteinen zu sein. Die Zwischenwände bestehen aus demselben Material. Das Eisen wird gegen Wärme- u. Feuereinflüsse sorgfältig ummantelt; besondere Windverbände werden nicht immer angebracht, trotz der in Amerika herrschenden, oft sehr starken Stürme. Leitungen für Lüftung, Heizung und Kaltluft, für Gas, Dampf und heißes Wasser, auch Be- und Entwässerungs- sowie Sprech- und Briefleitungen fehlen nicht. Die Gründung der Riesenhäuser erfolgt bei gutem Baugrund unter Kellersohle geschlossen oder mit Einzelgrundmauern, und zwar stufenförmigen Granitblöcken oder Stahlschienen in Betonblöcken (Chicagoer Bauart), oder auf ganz oder großenteils durchgehender Betonplatte, bei gutem Baugrund in großer Tiefe hingegen mit Pfahlrost oder Kasten. Die Wandstärken der massiven Frontwände nehmen nach der New Yorker Bauordnung bei 18 Stockwerken von zusammen 66,6 m Höhe für tragende Wände von 0,4 m im obersten Stockwerk bis 1,8 m über dem Fundament, für nur sich selbst tragende Wände von 0,3–0,8 m und für nur Füllmauerwerk enthaltende Wände von 0,3–0,6 m zu. Die Ausstellung der Eisengerippe erfolgt mittels der in Amerika üblichen Mastenkrane; Steine, Mörtel etc. werden in Bauaufzügen hochgeschafft. Baugerüste sind unnötig. Die Ausführungszeit ist sehr gering; auf das Stockwerk entfallen 1–2 Wochen. Zusammenstellung einiger der höchsten Riesenhäuser:

Tabelle


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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