- Heun
Heun, Karl Gottlob Samuel, als Romanschriftsteller bekannt unter dem Namen H. Clauren, geb. 20. März 1771 zu Dobrilugk in der Niederlausitz, gest. 2. Aug. 1854 in Berlin, studierte in Leipzig und Göttingen die Rechte, wurde 1792 Privatsekretär in Berlin, später Assessor bei der Bergwerksadministration in Westfalen, übernahm 1801 die Verwaltung der Güter des Herrn v. Tresckow im Posenschen, ward 1811 im Ministerium Hardenberg angestellt, redigierte seit 1820 die »Preußische Staatszeitung«, erhielt 1824 eine Anstellung beim Generalpostamt und wurde später zum Geheimen Hofrat ernannt. Schon in Posen trat er mit den Erzählungen »Die graue Stube« (im »Freimütigen«) und »Mimili« (4. Aufl., Dresd. 1824) hervor und fand entschiedensten Beifall. Seine anfangs zerstreuten Arbeiten wurden u. d. T.: »Erzählungen« (Dresd. 1819–20, 6 Bde.) gesammelt, und in seinem Taschenbuch »Vergißmeinnicht« (seit 1819), dessen Inhalt wieder in die Sammlung »Scherz und Ernst« (das. 1820–28, 10 Bde.) überging, bot er seinem bereits sehr angewachsenen Lesepublikum eine regelmäßig wiederkehrende pikante Kost. Er veröffentlichte auch: »Lustspiele« (Dresd. 1817, 2. Aufl. 1827). Heuns Erzählungen, vor allem seine »Mimili«, übten einen verhängnisvollen Einfluß auf den Geschmack des deutschen Durchschnittspublikums aus. Sein Realismus, der sich der verlogenen Romantik der Restaurationsperiode entgegensetzte, war die ungeschminkte Wiedergabe der Gemeinheit des Alltags, und die Plattheit wurde durch Lüsternheit und falsche Sentimentalität pikanter und anziehender gemacht. Obwohl die Kritik seine Produkte entschieden verurteilte, so blieb er doch Liebling der Masse, bis diese endlich übersättigt sich von ihm abwandte. Übrigens ist H. noch als der Dichter des Liedes »Der König rief, und alle, alle kamen«, aus der Zeit der Freiheitskriege, zu erwähnen, dessen Anfangszeile zum geflügelten Wort wurde. Seine »Gesammelten Schriften« erschienen zu Leipzig 1851 in 25 Bändchen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.