- Hamster
Hamster (Cricētus Pall.), Nagetiergattung aus der Familie der Mäuse (Muridae), plump gebaute Tiere mit dickem Leib, kurzem, dickem Hals, ziemlich zugespitztem Kopf, mittellangen Ohren, großen Augen, sehr kurzem, dünnhaarigem Schwanz, kurzen Beinen, von denen die vordern vier Zehen und eine Daumenwarze, die hintern fünf Zehen besitzen, sehr großen Backentaschen und zwei Paar auffallend großen Nagezähnen, leben in unterirdischen Bauen auf Getreidefeldern des gemäßigten Europa und Asien und speichern im Herbst bedeutende Nahrungsvorräte auf. Der gemeine H. (Kornferkel, C. cricetus L., C. frumentarius Pall., s. Tafel »Nagetiere III«, Fig. 5), 25 cm lang mit 5 cm langem Schwanz, ist oberseits licht braungelb mit schwarzspitzigem Grannenhaar, auf der Schnauze, in der Augengegend und am Hals rotbraun, an den Backen gelb, auf der Unterseite schwarz, an den Füßen weiß, ändert aber in der Färbung sehr stark ab und kommt auch ganz schwarz und ganz weiß vor. Er findet sich vom Rhein bis an den Ob, fehlt in Süd- und Westdeutschland, in Ost- und Westpreußen, ist häufig in Sachsen und Thüringen, bevorzugt mäßig festen, trocknen, fruchtbaren Boden, meidet aber Sandboden, Wald, Gebirge und wasserreiche Niederungen. Sein Bau besteht aus einer großen Wohnkammer, 1 m und mehr unter dem Boden, mit der eine Vorratskammer in Verbindung steht. Den Zugang bildet ein senkrechtes Fallrohr mit enger, kreisrunder Mündung und eine schräg verlaufende, oben erweiterte Fluchtröhre. Alte Rammler graben mehrere Speicher und tragen bis zu 50 kg Getreide ein. Man erkennt den Hamsterbau an dem meist mit Spreu und Hülsen bestreuten Erdhaufen vor der Ausgangsröhre. Der H. ist ziemlich gewandt, klettert leidlich, gräbt vortrefflich, meidet das Wasser, benutzt die Vorderfüße wie Hände und führt mit ihnen die Nahrung zum Munde. Er ist sehr zornig und mutig, wehrt sich erfolgreich gegen jeden Angreifer, fällt in seiner Wut selbst Menschen und Pferde an und ist auch gegen seinesgleichen unverträglich. Daher lebt er einsam in seinem Bau und vereinigt sich nur in der Paarungszeit mit dem Weibchen. Außer Getreide frißt er Kräuter, Wurzeln, Obst etc., lieber aber kleine Vögel, Mäuse, Eidechsen, Schlangen und Insekten. Für den Wintervorrat zieht er Leinsamen, große Puffbohnen und Erbsen dem Getreide vor. Auf Einem Gang schleppt er in seinen Backentaschen gegen 50 g Getreide fort. Anfang Oktober zieht sich der H. in den Bau zurück, verstopft die Röhren mit Erde und verfällt in Winterschlaf. Im Februar oder März erscheint er wieder, gräbt einen flachen Sommerbau und begattet sich Ende April. Das Weibchen wirft Ende Mai und im. Juli 6–18 Junge, die es in der Gefahr nicht verteidigt und, sobald sie 14 Tage alt sind, aus dem Bau jagt. Seine Feinde sind Iltis, Wiesel, Bussarde, Eulen, Raben; wo er häufig ist und dem Ackerbau großen Schaden bereitet, haben die Behörden auf die Einlieferung von Hamstern oft Prämien ausgesetzt. Hamstergräber ziehen gegen ihn zu Felde und finden den Hauptgewinn in dem ausgegrabenen Getreide. Am sichersten vertilgt man den H., wenn man mit Schwefelkohlenstoff getränkte Stücke von altem Sackleinen (15 cm im Geviert) in die Röhren hineinstößt und sie dann sofort verschließt. Dauernder Erfolg ist nur vom gemeinsamen gleichzeitigen Vorgehen aller Grundbesitzer eines Gebiets zu erwarten. Vgl. Flugblatt Nr. 10 der Biologischen Abteilung des kaiserlichen Gesundheitsamtes (Berl. 1901). Das Fell des Hamsters gibt, im zeitigen Frühjahr gewonnen (Maihamster), ein leichtes dauerhaftes Pelzwerk, das ausschließlich zu Futter verwendet wird. Für Zurichtung und Verarbeitung hat sich in mehreren Städten (Halberstadt, Oschersleben etc.) eine eigne Industrie gebildet. Das Fleisch des Hamsters ist genießbar.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.