Höhlenflora

Höhlenflora

Höhlenflora, die in unterirdischen Räumen gedeihenden Gewächse. Durch ihr Lichtbedürfnis sind alle chlorophyllhaltigen Pflanzen bis zu den Algen abwärts von gänzlich lichtlosen unterirdischen Räumen ausgeschlossen, dagegen hat man in Bergwerken, tiefen Kellern, Brunnenschächten u. dgl. eine ganze Reihe von Pilzen aufgefunden, deren Mycelien in der Zimmerung der Wände, in alten Holzteilen etc. wuchern und nicht selten auch ihre Fruchtkörper zur Ausbildung bringen. So fand Harz in dem oberbayrischen Braunkohlenwerk Hausham Thelephorazeen (Stereum sanguinolentum, Corticium ferrugineum), Polyporazeen (Merulius papyraceus, Trametes scutata, Polyporus albidus und caesius). Auch die steril bleibende, an ihrem Anisgeruch erkennbare Trametes odorata und die durch ihr Leuchtvermögen ausgezeichneten, früher als Rhizomorpha bezeichneten Mycelstränge von Agaricus melleus werden nicht selten in den Gruben und Schachtzimmerungen angetroffen. Außerdem sind Spaltpilze, wie z. B. Micrococcus (Leucocystis) cellaris, der feuchte Kellerwände mit dickem, gallertartigem Schleim überzieht, sowie Saprolegniazeen gelegentlich auch in Höhlen und deren Gewässern aufzufinden. In schwach beleuchteten Felsaushöhlungen und Grotten gedeihen auch manche chlorophyllhaltige Pflanzen, wie z. B. zahlreiche Algen aus den Gruppen der Diatomeen (z. B. Frustulia saxonica), Desmidiazeen (Arten von Cosmarium u. a.), Chrookokkazeen, Oszillarieen, Nostokazeen, Rivularieen u. a., die gallertartige, schleimige oder fadenförmige Überzüge auf nassen und schattigen Felswänden u. dgl. bilden. In Felsklüften des Urgebirges entwickelt sich bisweilen das smaragdgrün schimmernde Leuchtmoos (Schistostega osmundacea). An ähnlichen Orten siedeln sich einige andre Laubmoose, wie Pterygophyllum lucens, ferner zahlreiche Lebermoose, endlich auch Farne an, wie z. B. Adiantum capillus Veneris, Scolopendrium vulgare, Hymenophyllum tunbridgense u. a. Eine reiche Meeresalgenflora enthalten einige an der See gelegene Grotten Italiens, wie z. B. die von Falkenberg näher untersuchte Grotta del Tuono bei Neapel. Ihre Sohle liegt nur wenige Zentimeter unter dem Meeresspiegel, empfängt aber kein direktes Sonnenlicht und beherbergt in ihrem dunkelsten Teil solche Algen, die sonst als charakteristische Bewohner der Meerestiefen zwischen 50 und 60 m, wie Phyllophora Heredia, Peyssonelia rubra, Bonnemaisonia asparagoides u. a., bekannt sind; an den hellern Stellen wachsen dagegen Algen, die im übrigen Golf in einer Tiefe von etwa 3 m angetroffen werden, wie z. B. Delesscria hypoglossum, Bornetia secundiflora u. a., ein deutlicher Beweis für den Einfluß des Lichtes auf die Lebensverhältnisse der Grottenbewohner. Vgl. A. v. Humboldt, Florae Fribergensis specimen plantas cryptogamicas praesertim subterraneas exhibens (Berl. 1793); Nees, Nöggerath und Bischoff, Die unterirdischen Rhizomorphen (in »Nova acta Acad. Leopold. Carol.«, Bd. 11 u. 12); Harz, Über Bergwerkspilze (im »Botanischen Zentralblatt«, Bd. 36, 1888); Schröter, Bemerkungen über Keller- und Grubenpilze (im »Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur«, 1883); v. Wettstein, Beitrag zur Pilzflora der Bergwerke (in der »Österreichischen Botanischen Zeitschrift«, Bd. 35); Falkenberg, Die Meeresalgen des Golfs von Neapel (in den »Mitteilungen der zoologischen Station in Neapel«, 1. Bd., 2. Heft); Fries, Die Falkensteiner Höhle, ihre Fauna und Flora (Würzb. 1874).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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