- Friedensbürgschaft
Friedensbürgschaft ist das verstärkte Friedensgelöbnis. Nach der peinlichen Gerichtsordnung Karls V. konnte eines Friedensbruches verdächtigen Personen die Verpflichtung auferlegt werden, für ihr Wohlverhalten durch Hinterlegung einer Geldsumme, durch Stellung von Bürgen oder auf andre Weise Sicherheit zu leisten, widrigenfalls sie in Präventivhaft genommen wurden. In dieser Gestalt finden wir die F. im gemeindeutschen Recht, insbes. gegen Ausgang des 18. Jahrh., sowie in der außerdeutschen Gesetzgebung. Besondere Entwickelung hat sie im englischen Recht gewonnen. Die recognizance for good abearance oder good behaviour, bez. to keep the peace ist das durch Unterzeichnung einer Urkunde abgegebene Versprechen eines übel Beleumundeten oder eines Angeklagten oder Verurteilten, eine bestimmte Summe zu bezahlen, wenn er nicht einen ordentlichen Lebenswandel führt, bez. wenn er den öffentlichen Frieden stört. Eine caution de bonne conduite kannte auch der französische Code pénal bei Polizeiaufsicht; sie wurde aber 1832 beseitigt. Neuerdings ist die F. mit dem Probationssystem (s. Bedingte Verurteilung) in Verbindung gebracht worden. Auf dem gleichen Gedanken beruht eine beachtenswerte Bestimmung des italienischen Strafgesetzbuches von 1889. Danach hat der lediglich zu Verweis (statt Freiheits- oder Geldstrafe) Verurteilte sich allein oder mit Bürgen zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme für den Fall zu verpflichten, daß er innerhalb eines bestimmten Zeitraums neuerdings eine strafbare Handlung begehen würde. Der deutschen Gesetzgebung des 19. Jahrh. war die F. allmählich fremd geworden. Erst 1875 plante man ihre Wiedereinführung. Nach dem Entwurf einer Novelle zum Strafgesetzbuch, der damals dem Bundesrat vorgelegt wurde, sollte der Richter die Ermächtigung erhalten, in bestimmten Fällen neben einer Freiheits- oder Geldstrafe auf Leistung einer F. im Betrage von 30 bis zu 3000 Mk. und für die Zeitdauer von einem Monat bis zu einem Jahr zu erkennen, nämlich außer bei Bedrohung, Landzwang und verschiedenen andern Delikten, insbes. beim Versuch einer strafbaren Handlung, bei unternommener Verleitung zur Begehung einer solchen und Anerbieten dazu. Der Vorschlag fand damals lebhaften Widerspruch, insbes. als angebliche »Vermengung polizeilicher und rechtlicher Gesichtspunkte«. Gegenwärtig ist die Stimmung für die Einführung einer F. eine günstige, und die Schweiz hat in ihrem Vorentwurf eines Schweizerischen Strafgesetzbuches, Artikel 37, die F. eingehend geregelt. Vgl. Schierlinger, Die F. (Erlang. 1877); Rosenfeld, Welche Strafmittel können an die Stelle der kurzzeitigen Freiheitsstrafe gesetzt werden? (Berl. 1890).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.