- Fremdkörper
Fremdkörper (Corpora aliena), in der Medizin feste Körper in Geweben oder Körperhöhlen, in denen sie unter normalen Verhältnissen nicht vorhanden sind. Entweder sind die F. von außen her eingedrungen, oder sie sind im Körper gebildet, aber an eine fremde Stelle gelangt. Kugeln, Bleistücke, Tuchfetzen, Metall- und Lederstücke von der Montur, Knochensplitter etc. werden ganz gewöhnlich in Schußwunden angetroffen. Ferner finden sich F. sehr häufig in den Speisewegen und den Luftwegen, wo sie locker liegen bleiben, eingeklemmt werden oder sich in die Wand der betreffenden Kanäle einbohren. Durch kindische Spielereien oder geschlechtliche Verirrungen werden F. nicht selten unter ganz kuriosen Umständen in die Nase, den äußern Gehörgang, den After, die äußern Geschlechtswerkzeuge (am häufigsten bei weiblichen Individuen) eingeführt. Die zweite Art der F. entsteht bei Verletzungen (Knochensplitter) oder durch chronische Entzündung und Ablösung einzelner Organstücke, wie die freien Körper der Bauchhöhle und der Gelenke, oder sie gehen aus eingedickten Absonderungen hervor, wie die Konkremente und Steine, oder sie stellen abgestorbene Organe dar, wie das Lithopädion. Im allgemeinen führt die Anwesenheit von Fremdkörpern zu einer mehr oder minder heftigen Entzündung der Teile, mit denen sie in Berührung sind. Besondere Umstände, wie Größe und rauhe Oberfläche, spitzige und scharfe Beschaffenheit der F., sind selbstverständlich auf die Ausdehnung wie auf die Heftigkeit dieser Entzündung von großem Einfluß. Nicht selten ist sie so schleichend, daß die F. inmitten der Gewebe völlig eingekapselt werden. Der wichtigste F., die Kugel, kann jahrzehntelang ganz symptomlos im Körper verharren und erinnert nur gelegentlich durch leichte Entzündungen, die sie in ihrer Umgebung entfacht, den Träger an ihre Anwesenheit. Die Aufgabe des Arztes besteht bei Fremdkörpern in Nasen-, Ohr-, Genitalöffnungen und Speiseröhre unbedingt in der Entfernung auf möglichst schonendem Wege, z. B. durch lauwarme Einspritzungen oder Herausziehen mittels besonderer Instrumente, schlimmstenfalls durch blutige Operation. Nur bedingt gilt diese Behandlung bei Wunden, wo unter Umständen das Aufsuchen der F. mehr Schaden anrichten kann, als durch ihre Entfernung genutzt wird; Kugeln werden niemals aufgesucht. Ost erscheinen F., z. B. Nadeln, Kugeln, nach jahrelangem Verweilen und Wandern im Körper an irgend einer Hautstelle, wo sie mühelos herausgenommen werden können. Die F. der Höhlen unterliegen nur dann operativer Behandlung, wenn sie Beschwerden verursachen, wie Gelenkmäuse, Blasensteine etc.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.