Elektromagnetische Motoren

Elektromagnetische Motoren

Elektromagnetische Motoren. Die kräftigen Wirkungen der Elektromagneten legten den Gedanken nahe, die elektromotorische Kraft als bewegende Kraft zum Betrieb von Arbeitsmaschinen zu benutzen.

Fig. 1. Elektromagnetisches Maschinchen von Ritchie.
Fig. 1. Elektromagnetisches Maschinchen von Ritchie.

Bei der kleinen, von Ritchie angegebenen elektromagnetischen Maschine (Fig. 1) ist auf einem Brettchen ein hufeisenförmiger Stahlmagnet mit aufwärts gerichteten Polen (N, S) befestigt; eine lotrechte, in Spitzen laufende Achse, in der Mitte zwischen seinen Schenkeln, trägt einen wagerechten Elektromagnet AB, dessen Endflächen bei der Drehung über die Pole des Stahlmagnets hinweggehen. Leitet man den Strom nun derart durch die Drahtwindungen des Elektromagnets, daß sein Ende A zu einem Südpol, B zu einem Nordpol wird, so wird A von N, B von S angezogen, und es tritt Drehung in der Richtung des Pfeiles ein. Diese Drehung würde aber ihr Ende erreichen, sobald A über N und B über S angekommen ist, wenn nicht dafür gesorgt wäre, daß in diesem Augenblick die Stromrichtung in den Drahtwindungen umgekehrt und sonach A zu einem Nordpol, B zu einem Südpol gemacht wird; da alsdann A von N, B von S abgestoßen wird, so setzt sich die Drehung in dem einmal begonnenen Sinne fort. Die Umkehrung des Stromes im geeigneten Augenblick wird durch den Stromwender h i selbsttätig bewirkt. Dieser besteht aus einem auf der Drehungsachse isoliert sitzenden Metallring, der an zwei gegenüberliegenden Stellen durch isolierende Zwischenräume in zwei getrennte Hälften zerlegt ist, deren eine h mit dem einen Ende o, die andre i mit dem andern Ende der Drahtwindungen verbunden ist. Auf dem Umfang des Metallringes schleifen zwei Messingfedern f und g, deren äußere Enden Klemmschrauben zur Aufnahme der Poldrähte der Batterie tragen. In der in der Figur dargestellten Lage geht der positive Strom durch die Feder g zum Halbring h und durch das Drahtende o in die Windungen, tritt aus diesen auf den Hal dring i über, um durch die Feder f nach dem negativen Pol der Batterie zu gelangen. In dem Augenblick aber, in dem A über N und B über S weggeht, gehen die isolierenden Zwischenräume zwischen h und i unter den Federn weg, die positive Feder f kommt auf i, die negative g auf h zu liegen, der positive Strom durchfließt die Drahtwindungen in umgekehrter Richtung, und die Pole des Elektromagnets kehren sich um.

Fig. 2. Froments elektromagnetischer Radmotor.
Fig. 2. Froments elektromagnetischer Radmotor.

Der Stahlmagnet N S kann durch einen feststehenden Elektromagnet ersetzt werden, dessen Windungen von dem nämlichen Strom wie diejenigen des beweglichen durchflossen werden. Dies ist z. B. der Fall bei einem von Helmholtz konstruierten elektromagnetischen Motor.

Den Nachteil, der aus der Trägheit des Eisens gegen die Umkehrung des Magnetismus infolge des Auftretens von Wirbelströmen (s. Elektrische Induktion) herrührt, hat Stöhrer zu umgehen gewußt, indem er die Rotation eines Elektromagnets, dessen Pole nicht gewechselt werden, durch den Stromrichtungswechsel einet Drahtrolle bewirkte, innerhalb welcher der Elektromagnet sich dreht. Froments Radmotor (Fig. 2) besitzt am Umfang eines um die Achse o drehbaren Rades in gleichen Abständen acht Anker aus weichem Eisen, um dieses Ankerrad herum sind mit einem festen Gestell sechs Hufeisenelektromagnete angebracht. Da je zwei Anker um 1/8 des Umfanges, je zwei Magnete um 1/6 desselben voneinander abstehen, so folgt, daß, wenn ein Anker einem Elektromagnet gerade gegenübersteht, die benachbarten Anker von ihren nächsten Magneten um 1/24 der Peripherie, also um 15°, abstehen. In diesem Moment umkreist der Strom die Magnete F, dieselben ziehen die entsprechenden Anker an und drehen das Rad um 15°, worauf der Strom durch die Magnete D geleitet wird. In dieser Weise kommen bei jeder ganzen Umdrehung des Rades 24 Anziehungen zustande. Die Stromsteuerung hat folgende Einrichtung: die Achse des Rades trägt an ihrem Ende ein kleineres Rad mit acht Zähnen, die den Ankern entsprechen und sich zugleich mit diesen herumbewegen. Auf diesen Zähnen schleifen drei Federn, deren Auflagestellen um 1/6 der Peripherie voneinander entfernt sind, deren Stellungen also den Magneten HFD etc. entsprechen. Der Strom wird nun von p aus zugeführt, geht von der Achse durch einen der Zähne auf die anliegende Feder und wird durch diese den mit gleichnamigen großen Buchstaben bezeichneten beiden Elektromagneten zugeführt, worauf er durch Mm zur Batterie zurückkehrt. Jacobi hat 1839 eine elektromagnetische Maschine gebaut, die eine Arbeit von 3/4 bis 1 Pferdekraft zu leisten vermochte und ein kleines Ruderschiff auf der Newa bei St. Petersburg in Bewegung setzte. Wird eine elektromagnetische Maschine durch eine galvanische Batterie betrieben, so hat die von ihr geleistete Arbeit ihre Quelle in der Verbindung des Zinks mit der Schwefelsäure innerhalb der Batterie und kann daher höchstens derjenigen Arbeit gleichkommen, welche die bei der Auflösung des Zinks entwickelte Wärme leisten könnte. Zur Erzeugung einer Pferdekraft müßte in der Stunde mindestens 1 kg Zink aufgelöst werden, und die Kosten dafür, sowie für die gleichzeitig verbrauchten Säuren, würden diejenigen für das Brennmaterial einer gleichstarken Dampfmaschine wenigstens um das 20fache übersteigen. Wegen dieser unverhältnismäßig hohen Kosten war nicht daran zu denken, den Strom einer galvanischen Batterie als Arbeitskraft in größerm Betrieb zu verwenden. Erst nachdem es gelungen war, mit Hilfe von Dynamomaschinen elektrische Energie billiger zu erzeugen, fanden e. M. als Elektromotoren (s. d.) in die Technik Eingang.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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