Diazokörper

Diazokörper

Diazokörper, chemische Verbindungen, die eine aus zwei unter sich verbundenen Stickstoffatomen bestehende zweiwertige Gruppe N2 enthalten, die einerseits mit einem Kohlenstoffatom, anderseits mit einem Säurerest (Salze der D.) oder dem Rest einer Base (Diazoamidokörper) vereinigt ist. Bei Behandlung primärer aliphatischer Amine und salpetriger Säure wird die Amidogruppe gegen Hydroxyl ausgetauscht: C2H5.NH2+HNO2 = C2H5.OH+N2+H2O. Bei Einwirkung von salpetriger Säure auf Glykokollester entsteht Diazoessigester: CO2C2H5.CH2NH2+HNO2 = CO2C2H5.CHN2+2H2O. Viel wichtiger sind die aromatischen D. Sie entstehen bei Einwirkung von salpetriger Säure auf Salze primärer Amine: C6H5.NH2.HCl+HNO2 = C6H5.NClN+2H2O. Das Salz wird gefällt, wenn man in einen wässerigen Brei des Anilinsalzes salpetrige Säure leitet und die entstandene Lösung mit Alkohol versetzt. Zur Darstellung einer Lösung versetzt man die mit Eis gekühlte Lösung der Salze primärer Amine mit salpetrigsaurem Natron und Salzsäure. Diesen Prozeß nennt man Diazotieren. Die aromatischen D. unterscheiden sich von den aliphatischen dadurch, daß die zweiwertige Gruppe N2 nicht mit beiden, sondern nur mit einer Affinität an einem Kohlenstoffatom hängt, während die zweite Affinität mit einem andern einwertigen Radikal gesättigt ist. Diese D. sind sehr leicht zersetzlich, ihre Salze bilden meist farblose Nadeln, die sich an der Luft leicht bräunen; sie lösen sich sehr leicht in Wasser, schwer in Alkohol und Äther, im trocknen Zustand zersetzen sie sich beim Erhitzen, durch Schlag und Stoß leicht unter Explosion. Man vergleicht die Säuresalze der D. mit den quaternären Ammoniumsalzen und bezeichnet sie als Diazoniumsalze. Die Diazoniumhalogenide bilden mit Halogenen additionelle Verbindungen wie die Halogenide einiger Alkalimetalle. Die den Salzen entsprechenden Hydrate sind sehr unbeständig, bilden aber faßbare Metallsalze C6H5N2OMe, von denen die Alkalisalze sich leicht in Isodiazosalze umlagern. Saure Lösungen der Diazosalze geben beim Erwärmen Stickstoff ab, und an die Stelle der Diazogruppe tritt Hydroxyl: aus schwefelsaurem Diazobenzol entsteht Phenol und Schwefelsäure. Kocht man die Sulfate mit Alkohol, so entweicht der Stickstoff, die Säure des Salzes wird frei, es entsteht Aldehyd und der betreffende Kohlenwasserstoff. Durch Behandeln der D. mit Iodwasserstoff entstehen Halogenderivate und Nitrile: 2C6H5.NN.NO3+HJ = HNO3+N2+C6H5J. Bei Behandlung der schwefligsauren D. mit Zinkstaub und Essigsäure entstehen Hydrazinsulfosäuren, die beim Erwärmen mit HCl in Hydrazine (s.d.) übergehen. Bei Einwirkung primärer aromatischer Basen auf Salze von Diazoderivaten entstehen Diazoamidokörper (s.d.), die sich leicht in Amidoazoverbindungen umwandeln lassen. Tertiäre Amine, bez. Phenole oder Naphthole, verwandeln die D. in Azokörper. Diese »Paarung« oder »Kombination« dient zur Darstellung der Azofarbstoffe. Schwefelsaures Diazobenzol gibt mit Phenol kleine Mengen von Phenyläther, mit Phenolkalium aber Oxyazobenzole. Diese Reaktionen gewähren den Diazokörpern großes theoretisches und praktisches Interesse. Man benutzt sie im wissenschaftlichen Laboratorium zur Ausführung zahlreicher Umwandlungen und in der Technik zur Darstellung der Azofarbstoffe. Vgl. Hantzsch, Die Diazoverbindungen (Stuttg. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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