- Déroulède
Déroulède (spr. derulǟd'), Paul, franz. Dichter und Politiker, geb. 2. Sept. 1846 in Paris, Sohn eines begüterten Notars und Neffe Emile Augiers, trat beim Ausbruch des Krieges 1870 als Freiwilliger in ein Zuavenregiment, fiel bei Sedan in deutsche Gefangenschaft, entkam aber aus Breslau und kämpfte in Frankreich wieder unter Chanzy und Bourbaki, mit dem er nach der Schweiz übertrat. Populär wurde D. durch seine Soldaten- und Kriegslieder (»Chants d'un soldat«, 1872; »Nouveaux chants d'un soldat«, 1875, und »Refrains militaires«, 1888), die alle in unzähligen Auflagen erschienen. Auch auf der Bühne versuchte er sich mit dem patriotischen Trauerspiel »L'Hetman« (1877) und dem verbotenen Stücke »La Moabite« (1880). Als Gründer und Leiter der Patriotenliga, die im März 1889 wegen ihrer offenkundig boulangistischen Umtriebe von der französischen Regierung aufgehoben wurde, erging sich D. unablässig in Revanchedrohungen und erregte namentlich im August 1882 durch sein Gebaren gegen den deutschen Turnverein in Paris großes Aufsehen. Im August 1887 vertrat er die Patriotenliga bei dem Begräbnis Katkows in Moskau und war auf seiner Reise für das Zustandekommen eines französisch-russischen Bündnisses in marktschreierischer Weise tätig. Boulanger schloß er sich 1888 mit leidenschaftlicher Hingebung an, und 1889 ließ er sich in Angoulême als Revisionist in die Kammer wählen, wo er bis 1893 einen schroff chauvinistischen Standpunkt einnahm, bis er seine Demission gab, weil er sich durch die gegen Rochefort und Clemenceau gerichtete plumpe Fälschung Nortons hatte täuschen lassen. Er widmete sich wieder der Literatur, aber weder seine rhetorischen Dramen »Messire Duguesclin« (1895) und »La mort de Hoche« (1897), noch seine »Chants du paysan« (1894) fanden großen Anklang. D. ließ sich 1898 als heftiger Dreyfusgegner und Nationalist wieder in die Kammer wählen, erneuerte die Patriotenliga und bekämpfte auf das entschiedenste die parlamentarische Republik, indem er die plebiszitäre Republik, d. h. die Wahl des Präsidenten durch Plebiszit (durch direkte Wahl des Volkes), forderte. Als er 23. Febr. 1899 nach der Wahl des Präsidenten Loubet den General Roget beim Begräbnis des Präsidenten Faure zu einem Staatsstreich aufforderte, durch den Loubet gestürzt und die Kammern gesprengt werden sollten, wurde er wegen Hochverrats verhaftet, aber von den Geschwornen im Mai freigesprochen. Wegen Vorbereitung eines zweiten Komplotts im August von neuem verhaftet und vor den Senat als Staatsgerichtshof gestellt, wurde er des ihm zur Last gelegten Vergehens für schuldig erklärt und 3. Jan. 1900 mit zehn Jahren Verbannung bestraft. Er nahm seinen Wohnsitz in San Sebastian in Spanien an der französischen Grenze.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.