- Cantù
Cantù, Cesare, ital. Gelehrter und Schriftsteller, geb. 8. Dez. 1807 zu Brivio im Mailändischen, gest. 11. März 1895 in Mailand, widmete sich dem geistlichen Stande, trat aber noch vor Empfang der Weihen aus dem Seminar, bekleidete verschiedene Lehrerstellen und zog bereits 1825 durch die Dichtung: »Algiso, o la lega lombarda« (neue Ausg., Mail. 1870) und durch die »Storia di Como« (das. 1829) die Aufmerksamkeit auf sich. Dann schrieb er über Manzoni, Byron, Victor Hugo, die deutsche Literatur und Parini. Mit Eifer betrieb er auch historische Studien, zog sich mit seinen »Ragionamenti sulla storia lombarda nel secolo XVII.« (Mail. 1832–33) eine gerichtliche Verfolgung zu, wurde eingekerkert und schrieb im Gefängnis seinen beliebten Roman »Margherita Pusterla« (das. 1838; deutsch von Fink, Stuttg. 1872). Auch faßte er damals schon den Plan seiner groß angelegten »Storia universale«. Die Veröffentlichung des Werkes begann 1836 zu Turin und wuchs auf 35 Bände an. Es ist das einzige Werk dieser Art in der italienischen Literatur und trug seinem Verfasser Vermögen und Unabhängigkeit ein. Später folgte eine weniger gut aufgenommene »Storia degli Italiani« (Turin 1854, 6 Bde.; 4. Aufl. 1892, 4 Bde.); eine »Storia del cent' anni 1750–1850« (Flor. 1864); »Gli eretici in Italia« (Turin 1866–68, 3 Bde.); »Italiani illustri, ritratti« (Mail. 1870–72, 3 Bde.); »Caratteri storici« (das. 1882) etc. Außerdem veröffentlichte C. weitverbreitete Volks- und Jugendschriften, wie die »Letture giovanili«, »Il giovinetto dirizzato alla bontà«, »Il galantuomo«, »Il portafoglio di un operajo«, »Buon senso e buon cuore«, alle in vielen Auflagen erschienen. Groß ist endlich die Zahl seiner kleinern historischen und literarhistorischen Arbeiten, darunter »Saggi sulla letteratura tedesca«. Trotz vieler Verfolgungen seitens der österreichischen Regierung blieb Cantùs politische Gesinnung eine sehr gemäßigte. Seine Weltgeschichte ist in klerikalem Geist geschrieben, wie es von einem Jünger der Schule Manzonis, dem er ein literarisches Denkmal (»A. Manzoni; reminiscenze«, Mail. 1883, 2 Bde.) gesetzt hat, nicht anders zu erwarten war, und sein politisches Ideal erhob sich nicht über die Idee eines italienischen Staatenbundes mit Einschluß Österreichs und des Papstes. Auch hat er in seinem Werk über Parini (»L'abate Parini e la Lombardia nel secolo passato«, Mail. 1854, neue Ausg. 1891) die österreichische Verwaltung in den italienischen Provinzen geradezu günstig beurteilt. Seine Bedeutung als Schriftsteller bleibt indessen unbestritten. Vgl. Mazzoni, Atti dell'Accademia della Crusca (Flor. 1899).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.