- Buenos Aires [1]
Buenos Aires (»gute Lüfte«), Provinz der Argentinischen Republik, am Atlantischen Ozean, umfaßt 311,196 qkm, ohne das Gebiet der Bundeshauptstadt B. (s. unten). Der größte Teil ist Flachland mit unsicherer Küste, die fast gar keine Einbuchtungen hat (im S. Bahia Blanca), wird nur gegen S. hin von zwei Gebirgen durchzogen (in dem südlichern erreicht die Sierra de la Ventana 1065 m), ist im übrigen aber mit unzähligen Salzseen und Salzsümpfen übersäte, kahle Pampa. Nur zwischen dem Parana und dem Salado breiten sich grasreiche Ebenen aus. Der bedeutendste Fluß ist der Paraná, später Rio de la Plata genannt, dann der Salado mit dem Rio de Flores, der Colorado, Rio Negro; größere Lagunen sind die von Gomez, Arbolito, Epeeuén. Das Klima ist mild, aber häufigen Temperaturschwankungen und heftigen Luftströmungen ausgesetzt. Die Bevölkerung betrug 1899: 1,061,000 Seelen (ohne die Bundeshauptstadt B.), worunter viele Italiener, Spanier, Franzosen, Briten, Deutsche. Hauptbeschäftigung sind Ackerbau und Viehzucht. 1895 waren 932,391 (3 Proz. des Areals) Hektar bestellt, davon 510,066 Hektar mit Mais, 246,788 Hektar mit Weizen der Rest mit Luzerne, Flachs, Gerste, Kartoffeln, Wein u. a. Ackerbaukolonien wurden seit 1851 gegründet; die erste im Distrikt Baradero, 1877 folgten drei deutsch-russische, 1882 Mezillos und Currumalam. Gezählt wurden 1895: 1,675,385 Pferde, 31,058 Maultiere und Esel, 8,724,683 Rinder, 52,630,451 Schafe, 248,720 Schweine und 154,022 Strauße (meist Nandu), darunter reine Rassetiere, 11,396 Pferde, 47,516 Rinder, 252,513 Schafe und 8229 Schweine. Steinsalz liefert die Gegend der Salina de la Piedra, südlich von Bahia Blanca. Die Industrie ist im Aufschwung begriffen. Zu nennen sind 102 Getreidemühlen, 20 Großschlächtereien, 3 Fleischgefrieranstalten, 42 Gerbereien, 10 Dampfsägewerke, 75 Likör-, 6 Lichtefabriken. Dem bedeutenden Handel dienen Paraná und La Plata, zahlreiche Eisenbahnen (1895: 3120 km im Betrieb), die Telegraphen mit 307 Stationen und 6000 km Linien bei 14,291 km Drähten. Straßenbahnen haben die Städte La Plata, San Nicolas, Quilmes, Mercedes u. a.; ländliche Straßenbahnen verbinden kleinere Orte mit den Eisenbahnen. Zehn Häfen sind mit Zollstellen versehen. Für die geistige Bildung sorgten 1887: 759 Elementarschulen, davon 611 öffentliche, mit 1247 Lehrern und Lehrerinnen und 43,378 Schulkindern. Eine höhere Schule befindet sich in La Plata. Außerdem bestehen 4 Lehrerseminare in San Nicolas, Mercedes, Dolores und Azul, eine Ackerbau- und Tierarzneischule in Santa Catalina, 2 Gewerbeschulen in San Martin und Carmen de Patagones, 33 Bibliotheken, Museum und Sternwarte in La Plata, 17 Krankenhäuser, ein Zuchthaus, 3 Gefängnisse. Die Provinz wird eingeteilt in 84 Departements; Hauptstadt ist seit 1884 La Plata (s.d.). Die Verfassung datiert vom 22. Okt. 1889. Der Gouverneur und Vizegouverneur werden auf 3 Jahre erwählt, der Senat darf höchstens aus 50, die Deputiertenkammer aus 100 Mitgliedern bestehen. Die Rechtspflege besorgen ein Oberster Gerichtshof, Appellationsgerichte und Einzelrichter. S. Karte »Argentinien etc.«
Die Geschichte von B. fällt bis 1853 mit der der Argentinischen Republik (s.d.) zusammen. B. strebte immer nach einem Vorrang vor den andern Provinzen und übte auch wirklich als einziger Seehafen des Landes, als die reichste und bevölkertste Provinz stets ein Übergewicht aus; es war hauptsächlich der Sitz der zentralistischen Partei. Nachdem es sich 1853 nach Rosas' Sturz als selbständiger Staat unter einem eignen Präsidenten konstituiert hatte, wurde es 1855 von Brasilien, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, Frankreich, Sardinien etc. unbedingt, von England und Chile jedoch nur unter Vorbehalt seiner Wiedervereinigung mit der Argentinischen Konföderation anerkannt. Da fielen im Dezember 1855 argentinische Flüchtlinge von Montevideo aus in B. ein, um die förmliche Wiedervereinigung zu erzwingen. Nach dem unglücklichen Treffen bei Capeda 23. Okt. 1859 mußte sich B. wieder der Konföderation anschließen. Auch ein Erhebungsversuch 1880 mißlang. Die Provinz wurde gezwungen, die Stadt B. der Regierung als Residenz abzutreten und die Stadt La Plata zum Sitz ihrer Behörden zu wählen. Vgl. Wilcocke, History of the viceroyalty of B. (Lond. 1806); Hutchinson, B. and Argentine gleanings (das. 1865); K. Andree, B. und die Argentinische Republik (3. Aufl., Leipz. 1874); Coni, Die Provinz B. (Zürich 1884); Schnabl, B., Land und Leute am silbernen Strom (2. Aufl., Stuttg. 1890); Madero, Hist. del puerto de Buenos Aires I. (Buenos Aires 1892); »Annuaire statistique de la province de B.« (jährlich) und weitere Literatur bei »Argentinische Republik«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.