Brussa

Brussa

Brussa (türk. Bursa, das alte Prusa), Hauptstadt des türk. Wilajets Chodawendikjar (s.d.) in Kleinasien, am Nordfuß des mysischen Olympos (Keschisch Dagh), etwa 20 km vom Marmarameer, bildet einen 4 km langen, aber meist kaum 20 Minuten breiten Häusergürtel. Die eigentliche oder obere Stadt liegt z. T. auf senkrechtem Felsen, 150 m hoch, ist mit byzantinischen Mauern umgeben und wird von einem allen Kastell beherrscht. B. zählt nahe an 200 Moscheen, die aber meist Ruinen sind. Die ausgezeichnetsten sind die Ulu Dschami (»die Prächtige«), ein von Murad I., Bajesid I. und Mohammed I. errichtetes Gebäude mit zwei Minarets und 20 kleinen Kuppeln, und die mit kostbaren Fayenceplatten geschmückte Jeschil Dschami. Ferner hat B. eine protestantische, eine armenische, 3 griech. Kirchen und mehrere Synagogen, ist Sitz eines Wali, eines Richters (Molla), der als dritter Richter des Reiches nur denen zu Adrianopel und Konstantinopel nachsteht, ferner des Mustis und Vorstehers der Emire, eines deutschen Vizekonsuls, eines griechischen und armenischen Erzbischofs. Von besonderer Bedeutung ist die Stadt den Türken als Ausgangspunkt des osmanischen Reiches und durch die vielen berühmten und prachtvollen, freilich auch sehr verfallenen Grabmäler, darunter die der sechs ersten Sultane. An den Abhängen des Olymps bei B. entspringen berühmte warme Quellen, unter denen das große und kleine Schwefelbad (Böjük und Kütschük Kökürdli mit einer Temperatur von 82°) am besuchtesten und für die kleinasiatischen Griechen zugleich Wallfahrtsorte sind, weil der heil. Patricius hier den Märtyrertod fand. In großem Ruf stehen auch die Quellen von Kara Mustafa (42°) und Jeni Käplidschah (78°). Die Einwohnerzahl beträgt 85–90,000 (davon zwei Drittel Türken, 7000 Griechen, 8000 Armenier, 3000 Juden). Zahlreiche Muhadschir (Auswanderer) wurden in B. angesiedelt. B. ist im Aufblühen begriffen, besonders entwickelt sich die von Schweizern und Franzosen eingeführte Seidenraupenzucht, für deren Zweck ausgedehnte Maulbeerpflanzungen angelegt worden sind (Ausfuhr nach Lyon). Berühmt sind die in B. gefertigten Seidenstoffe. Eine 42 km lange Bahn verbindet B. mit dem Hafen Mudania. Von Bedeutung ist die Weinproduktion (sogen. Olympwein, der nördlich von B. bei dem von Griechen bewohnten Demirtasch wächst und in Masse nach Rußland geht). Auch Rosinen, Maulbeeren, Aprikosen werden viel ausgeführt. – B. gehörte als Prusa zum Königreich Bithynien und wurde 184 v. Chr. von Prusias II. nach den Plänen des zu ihm geflüchteten Hannibal erbaut. Um 950 ward es von den Arabern zerstört und erst von den byzantinischen Kaisern wieder befestigt. Osman belagerte B. von 1317 an; nach zehnjähriger Belagerung eroberte es sein Sohn Urchan 1329 und machte es zur Residenz, bis 1365 Adrianopel Residenz, B. Hauptstadt eines Sandschaks wurde. Nach der Schlacht von Angora (1402) wurde es von den Mongolen verbrannt. 1512 bemächtigte sich Ala ed-din, ein Enkel Bajesids II., Brussas, ward jedoch von seinem Oheim Selim 1. wieder vertrieben. 1607 wurde B. von dem Rebellen Kalenderoghli verbrannt. Am 27. Sept. 1617 ward hier ein Vertrag zwischen den Polen und den Türken abgeschlossen. Im Januar 1833 zog Ibrahim Pascha in B. feindlich ein. Hier lebte 1852 bis 1855 Abd el Kader. In neuerer Zeit hat die Stadt von ihrem Glanz viel verloren. 1855 ward sie durch heftige, drei Monate anhaltende Erdstöße (namentlich 28. Febr., 11. April und 23. Mai) mitgenommen: die Mineralquellen versiegten, kehrten aber dann mit so großer Heftigkeit zurück, daß ganze Häuser im heißen Wasser versanken; überdies wurde die Stadt durch einen Brand großenteils in Asche gelegt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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