Zustellung

Zustellung

Zustellung (Behändigung, Insinuation, Signifikation), die in bestimmter Form erfolgende Übergabe eines Schriftstückes seitens der zuständigen Behörde unter Beurkundung dieses Aktes. Im Zivilprozeß kommt auf die Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften über die Z. besonders viel an (vgl. Ladung). Derjenige, von dem eine Z. ausgeht, heißt in der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 166–213) »der betreibende Teil«. Je nachdem das Gericht oder eine Partei der betreibende Teil ist, wird zwischen amtlicher und Parteizustellung (s. Prozeßbetrieb) unterschieden. Erstere tritt namentlich bei der Vorladung von Zeugen und Sachverständigen ein; im übrigen erfolgen die Zustellungen meist auf Betreiben der einen an die andre Partei. Die Z. erfolgt entweder durch den Gerichtsvollzieher (s. d.), oder durch die Post, oder »von Anwalt zu Anwalt«. Im letztern Falle übermittelt einfach der Rechtsanwalt der einen Partei dem der andern die zu behändigende beglaubigte Abschrift gegen einfachen Empfangsschein. Diese Form der Z. setzt aber voraus, daß beide Parteien durch Anwälte vertreten, und daß die letztern über diese Form der Z. einverstanden sind. Die regelmäßigen Zustellungsformen sind die Z. durch den Gerichtsvollzieher und durch die Post. In den Fällen, in denen ein Zustellungsbevollmächtigter (s. d.) zu benennen ist, genügt auch unter Umständen die Aufgabe zur Post. Im Anwaltsprozeß (s. d.) müssen die Zustellungen durch die Post regelmäßig durch Vermittelung des Gerichtsvollziehers geschehen. Ausnahmsweise kann aber (nach § 166), sofern es sich um die Wahrung einer Notfrist handelt, die Vermittelung des Gerichtsschreibers in Anspruch genommen werden. Im Parteiprozeß (s. d.) kann das stets geschehen. Bei der von Amts wegen erfolgenden Z. (§ 208–213) hat der Gerichtsschreiber für deren Bewirkung Sorge zu tragen. Sie erfolgt durch die Post oder durch den Gerichtsdiener. Die Z. kann in jeder Ortschaft geschehen, wo der Empfänger angetroffen wird. Hat er jedoch in dieser Ortschaft eine Wohnung oder ein Geschäftslokal, so darf er außerhalb derselben die Annahme verweigern. Wird der Adressat in seiner Wohnung oder im Geschäftslokal nicht angetroffen, so kann der Zustellungsbeamte die Z. an andre Personen, namentlich an Familienangehörige, bewirken (Ersatzzustellung). Bei unbegründeter Verweigerung der Annahme darf er das Schriftstück einfach zurücklassen. Öffentliche Z. ist statthaft bei unbekanntem Aufenthaltsort des Empfängers. Sie geschieht durch Anheften einer beglaubigten Abschrift an die Gerichtstafel und bei Ladungen durch Veröffentlichung im »Reichsanzeiger« sowie im Amtsblatt. Z. im Ausland erfolgt im Wege des Ersuchens an die auswärtige Behörde (Requisition). Über die Z. wird vom Gerichtsvollzieher oder Postboten eine Zustellungsurkunde aufgenommen und zu den Akten gegeben. Eine zweite Ausfertigung erhält der Adressat mit dem zu behändigenden Schriftstück. Die deutsche Strafprozeßordnung verweist in § 37 bezüglich der Z. auf die Zivilprozeßordnung. – Nach der österreichischen Zivilprozeßordnung (§ 87–93), die es bei dem früher üblichen Prozeßbetrieb durch das Gericht beließ, erfolgen die Zustellungen von Amts wegen; das Gericht hat die Zustellungsart zu bestimmen und alle wegen der Z. nötigen Verfügungen zu treffen. Nicht von Amts wegen erfolgen nur Zustellungen zwischen Advokaten. Regelmäßig erfolgt die Z. durch die Post; aber auch Z. durch Gerichtsdiener und Gemeindeorgane ist zulässig. Bezüglich des Ortes der Z., der Ersatzzustellung und der Z. durch öffentliche Bekanntmachung gelten ähnliche Bestimmungen wie im Deutschen Reiche.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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