- Transplantation
Transplantation (lat.), die Überpflanzung von Gewebsstücken zur Deckung von Defekten, namentlich die Überpflanzung von Hautläppchen. Die T. wird bei unvollständiger oder bei vollständiger Trennung vom Mutterboden ausgeführt. Im erstern Fall vermittelt ein Stiel, der die Blutgefäße enthält, die vorläufige Ernährung des losgetrennten Gewebstücks, wie bei vielen »plastischen Operationen« (s. d.), z. B. der künstlichen Nasenbildung. Im andern Fall schneidet man kleine, etwas mehr als linsengroße Hautläppchen mit scharfer Schere, z. B. zur Deckung einer großen Hautwunde, die sonst nicht vernarben kann, ab, legt sie auf die zuvor sorgfältig gereinigte granulierende Fläche und hält sie in dieser Lage durch zweckmäßigen Verband fest. Im günstigen Falle geht von den Rändern des überpflanzten Stückes eine Wucherung von Epithelzellen aus, welche die Überhäutung beschleunigt. Man hat auch mit Erfolg Hautstückchen von frisch amputierten Gliedmaßen überpflanzt. Bei der Rhinoplastik verpflanzte König mit Erfolg Haut nebst Knochenhaut und oberster Stirnbeinlamelle. Die T. findet unter anderm bei Unterschenkelgeschwüren ausgebreitete Anwendung. Die Hauttransplantation wurde zuerst von Reverdin ausgeführt und von Thiersch sehr vervollkommt. – Als Sehnenüberpflanzung wird mit großem Erfolg ein Verfahren geübt, bei dem in die Sehnen gelähmter Muskeln eine Hälfte der längsgeteilten Sehne eines benachbarten, ähnlich wirkenden Muskels eingepflanzt wird. Auch Knochendefekte hat man durch Einheilung von Knochenstücken, Nervenlücken durch Einheilung von ausgeschnittenen Nervenstücken geheilt. Vgl. Korschelt, Regeneration und T. (Jena 1907).
Nach dem Volksglauben werden auch menschliche Schwächen und Krankheiten auf Tiere und Pflanzen übertragen. Die Juden legten beim jährlichen Versöhnungsopfer alle Sünden des Volkes auf einen Sündenbock und jagten ihn in die Wüste. Die Teufel, welche die Besessenheit erzeugten, wurden auf Säue übertragen, und ähnliche Praktiken findet man noch heute in Sibirien, China, Amerika etc. Im Mittelalter legte man kleine Tiere auf Geschwülste u. dgl. und nahm Hunde ins Bett, damit sie den »Krankheitsstoff« an sich ziehen sollten. Fieber und andre Krankheiten glaubte man in hohle Bäume (Holunder) sperren zu können, indem man das zu diesem Zwecke gebohrte Loch nachher sorgfältig zupflöckte. Besonders üblich war das Durchkriechen (s. d.). Die Pflanze, die dabei die Krankheit übernommen hatte, mußte lebenskräftig bleiben, weil sonst ein Rückschlag zu befürchten stand, weshalb man vielfach die sehr zählebige Fetthenne (Sedum Telephium) hierzu wählte. Der Kranke mußte sie mit einem Spruch ausreißen und zwischen seinen Beinen wieder einpflanzen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.