- Bergen [3]
Bergen, Hauptort des gleichnamigen norweg. Stiftes (s. oben; ehemals Björgvin genannt), liegt auf einem Vorgebirge, ganz von Wasser und bis 650 m hohen Bergen umgeben, und ist durch eine Eisenbahn mit Voß verbunden (Fortsetzung nach Christiania im Bau). Gegen die Seeseite wird die Stadt durch neue Batterien geschützt. B. hat ein verhältnismäßig sehr mildes Klima, doch regnet es häufig (jährliche Regenmenge 1857 mm); die jährliche mittlere Temperatur beträgt 8,1°.
Die Stadt erhebt sich amphitheatralisch um den bequemen und tiefen Hafen (Bergens Vaag). Die östliche Seite dieses Hafens (die Brückenseite) nahm das nach der Zerstörung von 1702 im alten Stile neu aufgeführte ehemalige hansische Kontor ein, die deutsche Brücke (Tydskebryggen) genannt, die nun allmählich abgebrochen wird. An seiner westlichen Seite (Strandseite) liegt die Zollkammer. Die Straßen sind in den alten Stadtteilen eng, uneben und schief; die belebteste Hauptstraße ist Strandgaden. B. hat mehrere öffentliche Plätze (worunter Torvet oder der Marktplatz und der Rathausplatz), eine Kathedrale (1537 umgebaut) und 7 andre Kirchen (darunter die Marienkirche aus dem 12. Jahrh., die schöne neue Johanniskirche und eine katholische). Im alten Schloß Bergenhus befindet sich die jetzt restaurierte Königshalle aus dem 13. Jahrh. Die Einwohner (1900: 72,179) nähren sich größtenteils von Handel, doch betreiben sie auch Fabriken und besonders bedeutenden Schiffbau. Der Wert der Einfuhr betrug 1900: 52,766,200 Kronen, der der Ausfuhr 20,686,500 Kr. Die Ausfuhr der Fischwaren betrug 13,361,900 Kr. Noch jetzt ist, wie zu Zeiten der Hansa, der Fischhandel (besonders Stockfische und Heringe) der bedeutendste Erwerbszweig. Andre Ausfuhrartikel sind: Teer, Tran, Häute, Bretter, Masten, Latten, Brenn- und Bauholz etc. Die Handelsflotte Bergens belief sich 1900 auf 240 Dampfschiffe und 113 Segelschiffe mit 148,204 Ton. In den Hafen liefen 1901: 864 Schiffe mit 497,209 T. ein. An öffentlichen Anstalten bestehen: ein Museum, mit einer biologischen Station verbunden, ein Gewerbemuseum, eine Kathedralschule, eine Realschule, die große, vom Staat unterhaltene Kuranstalt für Aussätzige, eine Irrenanstalt, 5 Armenanstalten, eine Navigationsschule, eine Bibliothek (80,000 Bände), ein Theater und eine elektrische Straßenbahn. B. ist Sitz eines Bischofs, eines deutschen Konsuls, des Stiftsamtmanns und Stiftsobergerichts. Es ist die Vaterstadt des Dichters Holberg, des Geigers Ole Bull und des Orientalisten Lassen. – Von König Olaf III. Kyrre ca. 1070–1075 gegründet und im 12. Jahrh. zum Sitz eines (seit 1537 lutherischen) Bistums erhoben, stand B. schon damals mit Deutschland und England in lebhaftem Handelsverkehr, der sich seit Errichtung einer hanseatischen Faktorei (um 1340) steigerte und B. lange die Vorherrschaft in den nordischen Meeren sicherte. Bis zur Mitte des 16. Jahrh. waren die Deutschen, deren Stadtviertel (Tydskebryggen) noch heute der Mittelpunkt des Handels ist, in B. allmächtig. Ihr Übermut zeigte sich namentlich 1455, wo sie den Statthalter, den Bischof sowie 60 andre erschlugen. Erst 1560 wurden ihren Vorrechten Schranken gesetzt. Doch hielt sich das deutsche Kontor noch bis 1630, und noch heute ist B. reich an hanseatischen Erinnerungen. 1665 war der Hafen von B. Schauplatz eines großen Seegefechts zwischen Engländern und Holländern. Vgl. L. Sagen und H. Foß, Bergens beskrivelse (Bergen 1824); Y. Nielsen, B. fra de äldste tider indtil nutiden (Christ. 1877); H. Jäger, B. og Bergenserne (Bergen 1889).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.