Spinnstube

Spinnstube

Spinnstube (auch Lichtstube), der ehemals in Ackerbaubezirken und im Gebirge weitverbreitete Brauch, die langen Winterabende gemeinsam in geselliger Handarbeit hinzubringen. Die S. wanderte von dem einen zum andern Hofe, die Frauen und Mädchen spannen, die Burschen machten Musik, oder es wurden Volkslieder gesungen, Heren- und Gespenstergeschichten erzählt und allerlei Kurzweil dabei getrieben. Die S. war im Mittelalter Kernpunkt des geselligen Lebens im Dorfe. Wegen der in den Spinnstuben vorkommenden Ausschreitungen in sittlicher Beziehung mußten in verschiedenen Ländern »Spinnstubenordnungen«, d. h. polizeiliche Regelungen bezüglich der Zeit und Dauer des Beisammenseins, erlassen werden, ja im Bereich des ehemaligen Kurhessen wurden sie bereits 1726 gänzlich verboten, in andern Gegenden wesentlich eingeschränkt. In Nachahmung dieser alten Dorfsitte wurden im Palast Emanuels d. Gr. (1495–1521) zu Evora, wo die glänzendste Periode des portugiesischen Hoflebens sich abspielte, die von mehreren Dichtern geschilderten »portugiesischen Spinnstuben« (Seroëns de Portugal) ab gehalten. Vgl. Barack, Die S. nach Geschichte und Sage (in der »Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte«, Stuttg. 1859). – S. ist auch der Titel eines Volksbuches von W. O. von Horn (s. Örtel 1).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Spinnstube — (auch Lichtstube, Rockenstube, Kunkelkammer oder Brechelstube), der ehemals auf dem flachen Land und namentlich in den Gebirgsgegenden weitverbreitete Gebrauch, die langen Winterabende gemeinsam in geselliger Handarbeit hinzubringen. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • Spinnstube — Spinnstube, 1) in manchen Gegenden auf dem Lande die Einrichtung, daß die jungen Spinnerinnen des Abends von Haus zu Haus, zusammenkommen, nun sich durch gemeinschaftliche Unterhaltung[566] bei der einförmigen Arbeit des Spinnens gegen den Schlaf …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Spinnstube — Spịnn|stu|be 〈f. 19〉 Bauernstube, in der früher die Mädchen u. Frauen an Winterabenden zum Spinnen, Singen u. Geschichtenerzählen zusammenkamen * * * Spịnn|stu|be, die (früher): (in den Dörfern) Raum, in dem an Winterabenden Frauen u. Mädchen… …   Universal-Lexikon

  • Spinnstube — * Das kommt aus der Spinnstube. Das Gerücht, die Nachricht, die Geschichte, weil man in Spinnstuben viel Geschichten und Märchen anhört und erzählt. Holl.: Dat is het evangelie van het spinrokken. – Het is een spinroks praatje. (Harrebomée, II,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Spinnstube, die — Die Spinnstube, plur. die n, eine Stube, welche zum Spinnen bestimmt ist, worin gewöhnlich gesponnen wird. Auf dem Lande in Meißen wird das Spinnen des Gesindes durch gesellschaftliche Freude gewürzt, um das Schlafmachende dieser einförmigen… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Spinnstube — Spịnn|stu|be …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Lichtstube — Spinnstube (auch Lichtstube, Rockenstube oder Brechelstube), der ehemals auf dem flachen Land und namentlich in den Gebirgsgegenden weitverbreitete Gebrauch, die langen Winterabende gemeinsam in geselliger Handarbeit hinzubringen. Die Spinnstuben …   Deutsch Wikipedia

  • Initiationsmärchen — sind Volksmärchen, die von archaischen Formen der Jugendweihe, auch Reifezeremonie genannt, berichten. Durch diese Zeremonie wurde ein herangewachsenes Kind in die Gemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen. Die Jugendweihe gehört zu den… …   Deutsch Wikipedia

  • Kodaly — Gedenktafel in der Andrássy út in Budapest Zoltán Kodály [ˈzoltaːn ˈkodaːj] (* 16. Dezember 1882 in Kecskemét; † 6. März 1967 in Budapest) war ein ungarischer Komponist …   Deutsch Wikipedia

  • Zoltan Kodaly — Gedenktafel in der Andrássy út in Budapest Zoltán Kodály [ˈzoltaːn ˈkodaːj] (* 16. Dezember 1882 in Kecskemét; † 6. März 1967 in Budapest) war ein ungarischer Komponist …   Deutsch Wikipedia

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