- Ortel
Ortel, 1) Philipp Friedrich Wilhelm, unter dem Pseudonym W. O. v. Horn, bekannter Volksschriftsteller, geb. 15. Aug. 1798 in Horn bei Simmern auf dem Hunsrück, gest. 16. Sept. 1867 in Wiesbaden, studierte in Heidelberg, wurde 1820 Pfarrverweser, dann Pfarrer in Manebach, wo er unter dem Namen Fr. Wilh. Lips bereits mehrere Bändchen romantischer Erzählungen erscheinen ließ. 1835 wurde er als Superintendent nach Sobernheim versetzt, legte 1863 aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nieder, um nach Wiesbaden überzusiedeln. Seinen Ruf als Volksschriftsteller begründete O. durch das seit 1846 jährlich erscheinende, weitverbreitete Volksbuch »Die Spinnstube«, das nach Örtels Tod von seinem Sohn Hugo O. bis 1895 herausgegeben wurde. Daneben veröffentlichte er zahlreiche nicht minder treffliche Erzählungen für die Jugend und das Volk, aus denen er später eine Auswahl in den »Gesammelten Erzählungen« (Wiesb. 1856–59, 13 Bde.; neue Ausg. 1862) zusammengestellt hat. Auch gab er 1858–65 das Volksblatt »Die Maje« heraus (Wiederabdruck der Erzählungen: »Aus der Maje«, Wiesb. u. Altenb. 1879 bis 1890, 8 Bde.). Örtels Erzählungen, besonders die »Rheinischen Dorfgeschichten« (2. Aufl., Frankf. 1877, 3 Bde.), zeichnen sich durch echte Frömmigkeit und Gemütstiefe wie durch treffende Zeichnung der Charaktere und des Volkslebens aus. Sie spielen meist im linksrheinischen Mitteldeutschland. Die Liebe zu dieser Heimat betätigte O. auch durch das Werk »Der Rhein, Geschichte und Sagen, Burgen, Abteien, Klöster und Städte« (4. Aufl., Stuttg. 1893).
2) Max Joseph, Mediziner, geb. 20. März 1835 in Dillingen, gest. 17. Juli 1897 in München, studierte in München zuerst Philosophie, Ästhetik und Geschichte, dann aber Naturwissenschaft und Medizin und wurde 1860 Assistent an Pfeufers Klinik. 1867 habilitierte er sich als Privatdozent für Laryngologie in München und erhielt 1876 die neubegründete Professur für diese Disziplin. Er entdeckte den die Diphtheritis erzeugenden Bazillus, den er noch als eine Entwickelungsform des Micrococcus diphthericus ansah (1868), in weitesten Kreisen aber wurde sein Name bekannt durch die neue Methode zur Behandlung gewisser Kreislaufstörungen bei chronischen Herzfehlern, Fettherz, allgemeiner Fettsucht und manchen Lungenkrankheiten. Zur praktischen Durchführung dieser Heilmethode wurden in Deutschland und Österreich mehrere klimatische Kurorte als »Terrainkurorte« eingerichtet (s. Klimatische Kurorte). O. konstruierte auch das Laryngostroboskop, das die Formveränderungen der Stimmbänder während ihrer Schwingungen zu beobachten gestattet. Er schrieb: »Die epidemische Diphtherie« (in Ziemssens »Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie«, Leipz. 1874, 2. Aufl. 1876); »Über den laryngologischen Unterricht« (das. 1878); »Handbuch der respiratorischen Therapie« (in Ziemssens »Handbuch der allgemeinen Therapie«, das. 1882); »Therapie der Kreislaufstörungen« (ebenda, 4. Aufl. 1891); »Über den Mechanismus des Brust- und Falsettregisters« (Münch. 1882); »Über Terrainkurorte zur Behandlung von Kranken mit Kreislaufstörungen« (das. 1886; 2. Aufl. von Mazegger, 1904); »Zusätze und Erläuterungen zur Therapie der Kreislaufstörungen« (das. 1887); »Die Pathogenese der epidemischen Diphtherie« (das. 1887); »Über Massage des Herzens« (das. 1889); »Das Laryngostroboskop und seine Verwendung in der Physik, Physiologie und Medizin« (Berl. 1895). Auch beteiligte er sich an dem großen amerikanischen Sammelwerk »Twentieth century practice of medicine« und an Liebreichs »Enzyklopädie der Therapie«.
3) Georg, deutscher Parlamentarier, geb. 27. März 1856 in Großdölzig bei Leipzig, studierte 1875–78 in Leipzig Philologie, Geschichte und Volkswirtschaft, wurde 1879 Institutslehrer in Kötzschenbroda und 1880 Oberlehrer am Leipziger Realgymnasium, trat jedoch 1894 als Chefredakteur der »Deutschen Tageszeitung« in Berlin zum Journalismus über. Von 1898–4903 vertrat er als Mitglied der deutschkonservativen Partei den 9. sächsischen Wahlkreis im Reichstag und gilt auch heute noch als Stütze der konservativen Agrarier. Außer zahlreichen Erzählungen und Beiträgen zur sächsischen Volkskunde und Geschichte schrieb er: »Der Konservatismus als Weltanschauung« (Leipz. 1893); » Wahrer Adel«. (Roman, das. 1896); »Von drinnen und draußen« (Gedichte, 2. Aufl., Berl. 1901); »Neue Lieder« (das. 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.