Baugewerbe

Baugewerbe

Baugewerbe, alle Gewerbe, die beim Bau von Häusern beteiligt sind, im engern Sinne nur das Maurer- und Zimmergewerbe. Unter der Herrschaft des Innungs- und Konzessionswesens war die Ausübung dieser Gewerbe an erheblich schwerere Bedingungen gebunden als die der meisten übrigen Gewerbe. Auch als allmählich ein Staat nach dem andern Gewerbefreiheit einführte und das Prüfungs- und Konzessionswesen aufhob, glaubte man dieses bei den Baugewerben noch beibehalten zu müssen, ließ jedoch auch bei diesen die Prüfungspflichtigkeit allmählich allenthalben fallen. Daß man daneben in einzelnen Staaten baugewerbliche, vom Staat unterhaltene Bildungsanstalten, Baugewerkschulen (s. d.) etc. sowie fakultative Prüfungen beibehalten hat, steht mit dem Prinzip der Gewerbefreiheit nicht im Widerspruch. Die Ausbildung von Lehrlingen ist durch das Handwerksgesetz (s. Handwerk) geregelt. Daneben gibt es Bestrebungen zum Schutze der Bauhandwerker gegen den sogen. Bauschwindel, d. h. gegen Schädigungen, die dadurch entstehen, daß zahlungsunfähige Personen als Bauunternehmer auftreten, die Baugrundstücke schon während des Baues mit Hypotheken belasten und dadurch bewirken, daß bei der oft noch während des Baues eintretenden Zwangsversteigerung des Baugrundstückes die Bauhandwerker mit ihren Ansprüchen für Arbeitslohn und Baumaterial leer ausgehen (vgl. Bauforderungen). Bei dieser gewerberechtlichen Gleichstellung der B. mit allen übrigen Gewerben hat man die B. in strafrechtlicher und sicherheits- und wohlfahrtspolizeilicher Beziehung einer schärfern Kontrolle unterstellt. Das Reichsstrafgesetzbuch (§ 330) bedroht denjenigen, der bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für andre Gefahr entsteht, mit Geldstrafe bis zu 900 Mk. oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr. Ferner (§ 367, 14, 15) wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Hast bedroht, wer als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplan ausführt. Außerdem unterliegen die B. vom polizeilichen Gesichtspunkt aus einer tief eingehenden Regelung durch allgemeine Landesgesetze und Ortsstatuten (Bauordnungen, s. Baupolizei). Nach Abänderung der Gewerbeordnung nimmt auch die Organisation der B. wieder eine festere Gestalt an und läuft nach dem Reichsgesetz vom 18. Juli 1881 auf die Bildung von fakultativen Innungen hinaus. – In Österreich, woselbst zum B. die Gewerbe der Baumeister, Zimmermeister, Maurermeister, Steinmetzmeister und Brunnenmeister gerechnet werden, war stets und ist auch heute noch zur Ausübung jeder Art dieses Gewerbes der Befähigungsnachweis und die Erteilung einer besondern Konzession erforderlich.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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