Schuldverschreibungen

Schuldverschreibungen

Schuldverschreibungen ist der Ausdruck, den die neuere, nach Verdeutschung der technischen Ausdrücke strebende deutsche Gesetzgebung für Obligation gebraucht. Schuldverschreibung ist eine Urkunde, inhaltlich deren ihr Aussteller dem, der Eigentümer der Urkunde wird, etwas, regelmäßig eine bestimmte Geldsumme, zu leisten verspricht, also eine Urkunde, die Träger eines Forderungsrechts gegen den Aussteller ist. Teilschuldverschreibungen (Partialobligationen) sind S. über Schulden, die nur einen Teil eines größern Schuldpostens ausmachen. Durch Reichsgesetz vom 4. Dez. 1899, betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von S., ist den Besitzern von S. des nämlichen Schuldners, also den Gläubigern, eine rechtliche Organisation gegeben, die es ihnen erleichtert, bei Gefährdung ihrer Interessen dieselben gemeinsam gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Die Organe zur Wahrung der gemeinsamen Interessen sind eine Gläubigerversammlung und event. ein von ihr aufgestellter gemeinsamer Vertreter. Die gehörig vertretene Gesamtheit der Schuldverschreibungsbesitzer kann klagen und verklagt werden. Die Gläubigerversammlung wird vom gemeinsamen Schuldner berufen, und zwar muß er dies, wenn Gläubiger, deren S. zusammen ein Zwanzigstel des Gesamtbetrags erreichen oder ein von der Gläubigerversammlung bestellter Vertreter der Gläubiger die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangen. Die deutsche Gesetzgebung vermeidet eine vormundschaftliche Fürsorge für die Schuldverschreibungsbesitzer; sie organisiert dieselben nur, legt im übrigen aber die Wahrung ihrer Interessen in ihre eigne Hand. Anders das die gleiche Materie betreffende österreichische Gesetz vom 24. April 1874, bez. 25. Dez. 1877. Nach ihm kann das Gericht von Amts wegen einen Kurator zugunsten der Gläubiger bestellen, sobald wegen Mangel einer gemeinsamen Vertretung entweder die Rechte der Schuldverschreibungsbesitzer gefährdet oder die Rechte eines andern in ihrem Gange gehemmt werden. In Angelegenheiten, in denen der Kurator der kuratelgerichtlichen Genehmigung bedarf, ist jedoch ein von einer Versammlung der Obligationäre zu wählender Ausschuß gutachtlich zu hören. In England wird nach dem Pfandbriefgesetz vom 29. Juni 1865 auf Antrag eines Pfandbriefbesitzers gerichtlich ein Pfandbriefgläubigervertreter (receiver) bestellt, wenn der Schuldner Zinsen binnen sieben Tagen, Kapitalsbeträge binnen drei Wochen nach Fälligkeit und Zahlungsaufforderung nicht bezahlte. Vgl. die Ausgaben des Reichsgesetzes vom 4. Dez. 1899 von Bonschab (Münch. 1900), Merzbacher (2. Aufl., das. 1907).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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