- Schriftgießerei
Schriftgießerei (hierzu Tafel »Schriftgießmaschinen« mit Text), die Herstellung der in der Buchdruckerkunst benutzten Lettern. Gutenberg druckte bereits die 36zeilige und die 42zeilige Bibel von selbst gegossenen Typen, und noch lange mag die Mehrzahl der Buchdrucker ihre Schriften selbst gegossen haben, als es schon Stempelschneider gab, die sich mit der Anfertigung der Patrizen (Stempel) beschäftigten. Nürnberg versah Buchdruckereien und Schriftgießereien mit Matrizen; in Italien war Nikolaus Jenson, in Frankreich Stephanus (Estienne, s. d.) berühmt; England erhielt bedeutende Stempelschneider erst in Baskerville (s. d.) und Caslon (s. d.); bis dahin war es zumeist von Holland aus mit Typen versorgt worden. Deutschland besitzt gegenwärtig, nachdem J. G. J. Breitkopf (s. d.) die S. reformiert hat, eine beträchtliche Anzahl zum Teil sehr leistungsfähiger Schriftgießereien. Über die Herstellung der Typen s. beifolgende Tafel. Das Schriftmetall (Schriftgut, der Schriftzeug, Zeug, das Letternmetall) ist eine Legierung. die leicht schmelzen, im Guß leicht fließend und doch hinreichend hart sein muß, um der Abnutzung zu widerstehen und beim Druck einen scharfen Abdruck auf dem Papier zu geben. Zum Guß von sogen. Brot- oder Werkschriften nimmt man in Deutschland etwa 75 Proz. Weichblei, 23 Proz. Antimon und 2 Proz. Zinn. Größerer Gehalt an Antimon und Zinn, auch etwas Kupfer erhöhen die Härte der Legierung. Außer einem gleichmäßigen »Schriftkegel« (s. d.), für den jetzt das von H. Berthold geschaffene und von allen deutschen Gießereien angenommene Typometer maßgebend ist, erfordern alle Typen auch gleichmäßige Höhe, die von Fournier und Didot, den Urhebern des typographischen Punktsystems, auf 101/2 Linien des Pariser Fußes = 63 Didot-Punkten festgesetzt war; sie ist aber von den Gießereien, die noch verschiedene, in den Druckereien vorhandene Höhen berücksichtigen mußten, nicht festgehalten worden. Sie beträgt in Frankreich und Deutschland zwischen 62,60 und 62,70 typographischen Punkten, welche Differenz allerdings nur der Stärke eines Seidenpapierblattes gleichkommt und den gleichzeitigen Druck von Typen beider Höhen nicht beeinflußt. In jüngster Zeit ist indes seitens der Vereinigung der Schriftgießereibesitzer Deutschlands ein auf 63 typographische Punkte festgestelltes Urmaß für die normale Schrifthöhe bei der Normal-Eichungskommission in Berlin niedergelegt worden, wo jederzeit Höhenprüfungen vorgenommen werden können, so daß jetzt tatsächlich ein fester Maßstab für Normalhöhe in Deutschland vorhanden in, während diese selbst erst im Laufe von Jahrzehnten allgemein zu erreichen sein wird, der vorhandenen noch im Gebrauch befindlichen ungeheuern Mengen von Typen wegen. Das zum Guß der Typen verwandte Material darf nicht arsen- oder zinkhaltig sein, weil sonst das Bild der Typen bald von Oxyd zerfressen wird. Auch Hartblei darf nur mit größter Vorsicht angewandt werden; Krätzzeug, d. h. das aus nochmaligem Umschmelzen des beim Gießen sich auf der Pfanne bildenden Abraums gewonnene Metall, ist nur zum Guß von Ausfüllmaterial (Hohlstegen, Quadraten etc.) tauglich; es wird indes hierfür auch Blei, jedoch mit einem geringern Zusatz von Antimon und Zinn, sowie Hartblei verwendet. Vgl. Fournier le Jeune, Manuel typographique (Par. 1764, 2 Bde.); de Vinne, The invention of printing (2. Aufl., New York 1878); Bachmann, Die S. (Leipz. 1868); Smalian, Handbuch für Buchdrucker im Verkehr mit Schriftgießereien (2. Aufl., das. 1877); van der Linde, Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst (Berl. 1885–86, 3 Bde.); Goebel, Die Graphischen Künste der Gegenwart (Stuttg. 1895, neue Folge 1902).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.