- Palmyra [2]
Palmyra (aramäisch Tadmor, heute Tudmur), der Sage nach von Salomo gegründete Hauptstadt der syrischen Landschaft Palmyrene, berühmt durch die großartigen Ruinen ihrer prächtigen, aus spätrömischer Zeit stammenden Bauwerke und durch den Versuch der dortigen Königsfamilie zur Zeit des Kaisers Aurelian, die römische Herrschaft im Orient zu stürzen. Schon Gallienus mußte um 264 n. Chr. den Palmyrener Septimius Odenathus wegen seiner Hilfe gegen die Perser als eine Art Mitregenten anerkennen; nach dessen Ermordung (267) herrschte seine Witwe Zenobia (s. d.), die den Titel einer römischen Kaiserin führte, im Namen des von Rom anerkannten Regenten, ihres jungen Sohnes Vaballathus. Zenobia eroberte Syrien, Mesopotamien und einen Teil Ägyptens, immer noch notgedrungen von den römischen Kaisern anerkannt, bis es unter Aurelian um 270 zum offenen Bruch kam. Sie verlor bereits 271 Ägypten; bald darauf wurde auch P. erobert und Zenobia gefangen genommen, in Rom im Triumph ausgeführt, aber mit Milde behandelt; das Schicksal ihres Sohnes ist ungewiß. P., wegen eines zweiten Aufstandes von Aurelian zerstört, verlor allmählich seine Bedeutung und spielte im Mittelalter nur eine untergeordnete Rolle. Erst 1678 wurden englische Kaufleute aus Aleppo auf die großartigen Trümmer aufmerksam, sämtlich aus der Blütezeit Palmyras, dem 3. Jahrh., stammend. Diese Ruinen liegen auf einem etwas erhöhten Grund (etwa 400 m hoch) in einer weiten Ebene, ungefähr 140 km östlich von Homs und 200 km südwestlich von Deir am Euphrat, und dehnen sich von SO. gegen NW. in ununterbrochener Linie fast 3 km weit aus. An dem östlichen Ende steht der berühmte Sonnentempel, dem Baal geweiht. Ein Quadrat von 235 m Seitenlänge ist von einer etwa 15–16 m hohen, aus schön behauenen Steinen aufgeführten und mit korinthischen Pilastern dekorierten Mauer umschlossen, von der aber nur die Nordseite noch größtenteils erhalten ist. Auf drei Seiten lief innerhalb der Mauer eine doppelte Säulenhalle von je 60 Säulen Front herum, während die Westseite eine einfache Kolonnade besaß. In der Mitte des so gebildeten Tempelhofs, in dessen Schutz sich das moderne Dorf Tudmur mit etwa 50 Lehmhütten eingenistet hat, stand auf einer erhöhten Terrasse das Heiligtum, ein mäßig großer (60×31,5 m) Peripterostempel mit 16 und 8 Säulen, von denen ein Teil noch wohlerhalten aufrecht steht; sie sind aber jetzt ihrer Kapitelle beraubt. Das Innere des Tempels bietet gewölbte Räume mit schönen Kassettendecken und vorzüglicher Ornamentierung an Friesen und Bändern, meist Blätter und Früchte darstellend und wohlerhalten. Der Nordwestecke des Tempels gegenüber liegt die Eingangspforte zu den großen vierfachen Kolonnaden, die sich westwärts 1135 m weit quer durch die ganze Stadt erstrecken und auf einem Gebälk eine zweite kleinere Säulenreihe trugen; der Anblick dieses Säulenwaldes, obschon von den ca. 1400 Säulen, 375 in jeder Reihe, nur noch etwa 150 stehen, jede 17 m hoch, ist ein überaus großartiger. Außerhalb der Justinianischen Mauer, die zwischen dem Sonnentempel und den Hügeln im W. zahlreiche Reste von Tempeln, Säulenreihen etc. umschließt, liegt in einem kleinen Tal im W. die Nekropolis von P., außer zahlreichen Felsengräbern 60 Türme aus großen behauenen Steinen (jeder das Erbbegräbnis einer Familie) enthaltend, und auf der Spitze eines nahen Hügels thront ein Kastell aus arabischer Zeit. Die großenteils griechischen und in einheimischer (aramäischer) Sprache und Schrift geschriebenen Inschriften von P. sind in neuerer Zeit namentlich von Waddington und de Vogüé behandelt worden (»Inscriptions de Syrie«, Par. 1870). Schöne Kupferstiche der Ruinen von P. enthält das Werk von R. Wood und Dawkins: »The ruins of P.« (57 Tafeln, Lond. 1753; auch mit franz. Text, Par. 1812). Vgl. außerdem Bernoville, Dix joursen Palmyrène (Par. 1868); Deville, Palmyre (das. 1894); Sobernheim, Palmyrenische Inschriften (in den »Mitteilungen der vorderasiatischen Gesellschaften«, Berl. 1905, Nr. 2); Sallet, Die Fürsten von P. (das. 1867); Fürst Abamelek-Lasarew, P., archäologische Untersuchung (russ., Petersb. 1885); W. Wright, An account of P. and Zenobia (Lond. 1895).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.