Motten

Motten

Motten (Schaben, Tineïdae), Familie der Schmetterlinge, kleine, oft sehr kleine Falter von mannigfachem und zierlichem Bau, mit borstenförmigen Fühlern, meist sehr stark entwickelten und besonders dicht buschig beschuppten Lippentastern, schmalen, oft linearen, gewöhnlich zugespitzten und langgefransten, in der Ruhe horizontal aufliegenden oder um den Körper gewickelten Flügeln, oft mit feinster Zeichnung und reichster Färbung. Bei einigen, deren Weibchen flügellos sind, und deren Raupen nach Art der Sackträger in selbstgefertigten röhrenförmigen Säcken leben, ist Parthenogenesis nachgewiesen worden. Die Raupen haben 14–16 Beine und verpuppen sich in Gespinsten. Einige Raupen leben nach Art der Spinner gesellig an Blättern in großen Gespinsten; andre bewohnen das Mark von Stengeln, das Innere von Blütenknospen, von Baumschwämmen, das Parenchym der Blätter, das sie wie manche Käferlarven minieren; einzelne ernähren sich auch von Pelz, Wolle, toten tierischen Stoffen etc. Zu letztern gehören die Kleider- und Pelzmotten (Haarschaben), von denen die kleinere, gelblich seidenglänzende Tinea pellionella L., mit einem oder zwei dunkeln Pünktchen auf den Vorderflügeln und grauen Hinterflügeln, besonders Wolle, die größere, Tapeten-, Kutschermotte, T. tapetiella L., mit an der Wurzel violettbraunen, dahinter gelblichweißen, an der Spitze mit violettgrauem Fleck gezeichneten Vorder- und grauen Hinterflügeln, namentlich Pelzwerk heimsucht. Die Raupen erscheinen im August und fertigen zur Überwinterung kleine, hängende Säckchen, in denen sie sich auch verpuppen. Sorgfältiger Abschluß, wo es möglich ist (Einnähen in Leinwand, verklebte Kisten), sonst fleißiges Ausklopfen, Terpentinöl, Insektenpulver, Quillajarinde (Panamaholz) schützen am besten gegen Mottenfraß. Der weiße Kornwurm (Korn-, Getreidemotte, Kornschabe, T. granella L., s. Tafel »Landwirtschaftliche Schädlinge II«, Fig. 9), 13 mm breit, auf den Vorderflügeln silberweiß, dunkel marmoriert, auf den Hinterflügeln weißgrau, fliegt im Juni und legt in Speichern, Magazinen je 1–2 Eier an ein Getreidekorn oder auch an andre Stoffe. Die im Juli erscheinenden beinfarbenen, am Kopf und Nackenschild dunklern Raupen nähren sich vom Mehl des Korns und gehen, wenn dieses ausgefressen ist, an ein zweites und drittes etc., wobei sie die Körner zusammenspinnen. Sie überwintern in einem Gespinst, in ausgefressenen Körnern, Ritzen etc. und verpuppen sich im März oder Mai. Die Larven einiger afrikanischer und indischer M., wie T. vastella, T. orientalis, Tineola fuscatella, leben im Horn von Antilopen und Rindern, auch im Huf der Tiere und besetzen sie mit ihren fingerartigen Kokons (s. Abbildung).

Schädel und Gehörn eines Hartebeest (Bubalus) mit Mottenkokons. Letztere in natürl. Größe daneben.
Schädel und Gehörn eines Hartebeest (Bubalus) mit Mottenkokons. Letztere in natürl. Größe daneben.

Die Kümmelmotte (Kümmelschabe, Pfeifer im Kümmel, Depressaria nervosa Haw., s. Tafel »Landwirtschaftliche Schädlinge II«, Figur 10), 20 mm breit, mit rötlich graubraunen Vorderflügeln, in deren Spitze ein heller Winkelhaken steht, und graubraunen Hinterflügeln, überwintert und legt im Frühjahr die Eier an Kümmel- oder andre Doldenpflanzen; die sehr bunten, oben blaß olivengrünen, unten lichtern Raupen mit orange rotem Seitenstreifen, schwarzen, weiß geringelten Warzen und schwarzem Kopf, Nackenschild und Afterklappe leben in der Dolde, die sie durch einige Fäden zusammenziehen, und nähren sich von den Blüten und jungen Samen; sie bohren sich endlich in den Stengel der Futterpflanze ein und verpuppen sich hier alsbald. Schon vom Juni an schlüpfen die M. aus. Die Lärchenminiermotte (Coleophora laricella Hüb.), 9 mm breit, mit sehr lang befransten, grauen, seidenglänzenden Fühlern, fliegt im Mai und Juni, legt ihre Eier einzeln an die Nadeln der Lärche, besonders 10–40jähriger Bäume; das bald auskriechende, dunkel rotbraune Räupchen frißt sich in die Nadeln ein und verkriecht sich im Herbst in einem abgebissenen Stück der ausgehöhlten Nadel an den Stämmen hinter Flechten, in Rissen etc., wo es überwintert. Im nächsten Frühjahr frißt die Raupe weiter, vergrößert den Sack, befestigt ihn Ende April an einer Nadel und verpuppt sich. Sie richtet oft erheblichen Schaden an. Über die Bienenmotte s. d. Die Gattung Gespinstmotte (Schnauzenmotte, Hyponomeuta Latr.) umfaßt mittelgroße M. mit langen, schmalen, oberseits weißen, schwarz punktierten, unterseits dunkelgrauen Vorderflügeln und einfarbig dunkelgrauen Hinterflügeln. Die schlanken, lichtgefärbten, schwarz gefleckten Raupen sind sehr beweglich und leben gesellig in einem sehr klebrigen Gespinst, an Gehölzen, deren Blätter sie innerhalb des Gespinstes abfressen, wobei sie dieses immer weiter ausdehnen. Innerhalb des Gespinstes verpuppen sie sich auch, jede Raupe im eignen Kokon. Die Apfelmotte (H. malinella Zeller, s. Tafel »Gartenschädlinge I«, Fig. 11) lebt auf Obst- und Zierbäumen, die gelbe oder grünlichgelbe, 14 mm lange Raupe frißt, wo sie zahlreich auftritt, die Baumkrone fast kahl, so daß das Obst vorzeitig abfällt. Sie überwintert als Raupe. Zur Bekämpfung zerstört man die Raupennester und bespritzt das befallene Laub mit Seifenwasser. Die veränderliche Gespinstmotte (H. variabilis Zeller), mit in der Mitte gelber, am Kopf, an der Spitze und an den Flügelscheiden schwarzbrauner Puppe, lebt auch auf Obstbäumen, die Raupe überwintert in Gespinströhren zwischen Rindenrissen und in Zweiggabeln. Vgl. Stainton, Zeller und Douglas, The natural history of the Tineina (Lond. 1855–73, 13 Bde.); Flothow, Die schädlichen Arten der M. (Berl. 1888).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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