- Magistrātus
Magistrātus (lat.), bei den Römern ebensowohl das obrigkeitliche Amt wie die dasselbe bekleidende Person. Ursprünglich war die gesamte Regierungsgewalt im Besitz der Könige vereinigt, von denen die wenigen etwa nötigen Beamten eingesetzt wurden. Nach ihrer Vertreibung ging deren ganze Gewalt auf das Volk über, welches das imperium, die höchste militärische Gewalt, und die potestas, die Amtsgewalt in den bürgerlichen Angelegenheiten, von Jahr zu Jahr verlieh, dann aber den so gewählten Beamten gegenüber zu unbedingtem Gehorsam sich verpflichtet hielt; daher waren diese während ihres Amtes unabsetzbar. Mißbrauch der Gewalt verhütete das Volk dadurch, daß es dieselbe auf wenigstens zwei Träger verteilte, den einen gegen den andern mit dem Rechte der Interzession ausstattete und für einzelne Geschäftszweige der ursprünglichen Ämter besondere neue schuf. So entstand, nachdem zuerst die gesamte königliche Gewalt in den Händen der beiden Konsuln vereinigt gewesen war, noch im ersten Jahre der Republik (nach der gewöhnlichen Annahme) für die Verwaltung des Staatsschatzes die Quästur, 444 v. Chr. für die Schätzung die Zensur, 366 für die Rechtspflege die Prätur. Während diese Ämter zuerst nur von Patriziern bekleidet werden durften, wurden für die Plebejer 494 das Volkstribunat und die Ädilität neu geschaffen und für alle diese ständigen Ämter eine gewisse Reihenfolge eingerichtet, die mit der Quästur begann und von da durch das Volkstribunat und die Ädilität zur Prätur und zum Konsulat aufstieg, indem für jedes die Erreichung eines gewissen Lebensalters verlangt wurde (geregelt durch die lex Villia annalis 180 v. Chr.). Außerdem gab es noch eine Anzahl außerordentlicher Ämter, die nur auf besondere Veranlassung und vorübergehend in Kraft traten, namentlich die Diktatur, die, 498 errichtet, in Fällen großer Gefahr während der ersten drei Jahrhunderte der Republik oft zur Anwendung kam, die Decemviri legibus scribundis (451 und 450) und in der letzten Zeit der Republik die Tresviri reipublicae constituendae. Zwischen den Ämtern bestand eine gewisse Rangordnung, zunächst zwischen den M. maiores (Konsulat, Prätur, Zensur), die sich auch äußerlich durch die Ehre der sella curulis unterschieden und deshalb curules hießen, und den M. minores und dann wieder innerhalb beider Klassen. Gehalt wurde nicht gezahlt. In der Kaiserzeit blieben die meisten republikanischen Magistrate bestehen, freilich in ihrer Befugnis vielfach beschränkt; zudem war die Wahl dem Senat übertragen, der dabei durch die Wünsche des Kaisers gebunden war; an wirklicher Macht waren ihnen die von diesem unmittelbar ernannten Beamten überlegen, der Praefectus urbi, die Praefecti praetorio, vigilum, annonae. Eine völlige Neugestaltung erfuhr das Beamtenwesen durch Diokletian und Konstantin, welche die Militär- und Zivilverwaltung, Hof- und Staatsbeamte trennten, nach Rang und Ehren die einzelnen Stufen genau bestimmten und den republikanischen Magistraten den letzten Schein von Selbständigkeit entzogen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.