Lavandŭla

Lavandŭla

Lavandŭla L. (Lavendel), Gattung der Labiaten, ausdauernde Kräuter, Halbsträucher oder Sträucher mit meist nur im untern Teil beblätterten Stengeln, einfachen, bisweilen fiederig eingeschnittenen Blättern, aus 2–10blütigen Scheinquirlen zusammengesetzten, zylindrischen, oft langgestielten, einfachen oder an der Basis verästelten Blütenständen mit oft dachförmig sich deckenden Brakteen, von denen die obersten oft bunt gefärbt sind und als Schauapparate dienen. Die Blüten sind blau oder violett. Etwa 20 Arten, von denen die meisten in den Mittelmeerländern heimisch sind, wo sie hier und da gesellig meilenlange Strecken überziehen. L. officinalis Chaix (L. vera DC.). ein 30–60 cm hoher, kurzhaariger Strauch mit 5 cm langen, gegenständigen, länglich-linienförmigen oder lanzettförmigen, ganzrandigen, am Rande zurückgerollten, durch Öldrüsen glänzend punktierten Blättern, endständigen, blattlosen, unterbrochenen Blütenähren, veilchenblauen, in der Kultur vorwaltend weiblichen Blüten und vier glatten, braunen, kleinen Nüßchen. Diese Art wächst vom Atlas durch Spanien, Südfrankreich, Oberitalien, Korsika bis Kalabrien, auch auf den Kanaren und in Vorderasien wild, kommt noch in Norwegen im Freien fort und wird mehrfach, besonders in England bei Mitcham und Hitchin, bei uns bisweilen in Gärten als Zierpflanze, kultiviert. Die Blüten schmecken bitter aromatisch, riechen angenehm und geben bei der Destillation das Lavendelöl. Man trocknet sie auch und benutzt sie zu aromatischen Umschlägen, Bädern, trocknen Parfümen, Räucherpulvern etc. L latifolia Vill. (Spica DC.) ist der vorigen Art ähnlich, wird aber bedeutend höher und hat breitere, am Rand nur schwach umgebogene Blätter; der Blütenstand (spica, Ähre) ist gedrängter und nur am Grund unterbrochen, auch sind die Blüten heller. Diese Art hat dieselbe Verbreitung wie die vorige, steigt aber nicht so hoch in die Berge, ist weniger hart und muß bei uns im Kalthaus überwintert werden. Sie wird in Südfrankreich ebenfalls zur Darstellung von ätherischem Öl (Spiköl, s. Lavendelöl) benutzt. L. Stoechas L., mit schmalen Blättern und kleinen, schwärzlich purpurroten Blüten in sehr kurz gestielter, dichter, von einem Schopf großer, violetter, steriler Hochblätter gekrönter Ähre (στοῖκος, die Reihe), wächst in ganz Südeuropa und im Orient und riecht noch lieblicher als die erste Art. Nach dieser Pflanze wurden die Stoechades (Hyèrischen Inseln) benannt, weil sie dort sehr reichlich wuchs. Plinius und Dioscorides gedenken nur der Stöchas. Wegen der Geruchsähnlichkeit mit Nardus indica erhielt sie auch den Namen Nardus italica. Viel später findet sich das Wort Lavandula (von lavare, waschen, wegen vielfacher kosmetischer Anwendung des Lavendels). Lange wurden die drei Arten miteinander verwechselt, erst im 18. Jahrh. wurden sie genauer bestimmt. Die heil. Hildegard führt L. als Augenheilmittel und zur Vertreibung des Ungeziefers an. Allem Anschein nach wurde die Stoechas neben der Spike in Frankreich und Spanien im Mittelalter mehr gebraucht als die erst später beachtete L. officinalis. Die englische Lavendelkultur bestand bereits 1568, ist aber wahrscheinlich viel älter. Das destillierte Spik- oder Nardenöl ist wohl schon im 15. Jahrh. gekannt gewesen. Vgl. Gingins de Lassaraz, Histoire naturelle des Lavandes (Par. u. Genf 1826).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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