- Etienne
Etienne, 1) Charles Guillaume, dramatischer und politischer Schriftsteller, geb. 6. Jan. 1778 in Chamouilley (Obermarne), gest. 13. März 1845 in Paris, kam 1796 nach Paris, war zuerst als Buchhalter tätig, dann Sekretär und Reisebegleiter des Herzogs von Bassano, wurde dann unter dem Kaiserreich Zensor und Chefredakteur des »Journal de l'Empire« und Nachfolger Esménards als Chef des Preßbureaus und 1811 Mitglied der Akademie. Unter der Restauration fiel er in Ungnade und wurde sogar aus der Akademie gestoßen; er nahm von nun an seinen Platz in den Reihen der Opposition, wurde Redakteur des »Constitutionnel« und schrieb eine Menge der geistreichsten und witzigsten Artikel, besonders die »Lettres sur Paris«. 1822 und 1827 erhielt er ein Mandat als Deputierter und ward der populärste und gefeiertste Kämpfer für politischen Liberalismus; 1829 wurde er wieder in die Akademie aufgenommen und trat sogleich als Gegner der romantischen Schule auf; 1830 verfaßte er die Adresse der 221 Deputierten, deren Protestation die Julirevolution veranlaßte; 1839 ward er zum Pair erhoben. Schon sein erstes Lustspiel: »Le rêve« (1799), noch mehr »La jeune femme colère« (1804) und »Brueys et Palaprat« (1807) legen Zeugnis ab von seiner Phantasie und seiner Kunst im Aufbau der Handlung. Als Nachfolger Molières aber zeigte er sich in »Les deux gendres« (1810), dem besten Lustspiel aus der Zeit des Kaiserreichs. Geringfügige Anklänge dieser Komödie an ein Stück des 17. Jahrh.: »Conaxa, ou les gendres dupés«, verwickelten E. in einen literarischen Streit, den seine vielen Neider und die heimlichen Feinde des Kaiserreichs emsig zu schüren wußten. Dagegen hat er mit seinen kleinen Komödien, Vaudevilles, Operetten und Feerien immer große Erfolge erzielt; seine Opern »Cendrillon« (1810) und »Joconde« (1814) entzückten ganz Paris. Von seinen übrigen Schriften erwähnen wir die »Histoire du théâtre français, etc.« (Par. 1802, 4 Bde.). Seine »Œuvres« gab A. François heraus (Par. 1846, 4 Bde.).
2) Michael, österreich. Journalist, geb. 21. Sept. 1827 in Wien, gest. 29. April 1879, begann seine literarische Tätigkeit in den 1840er Jahren und trat 1848 als Publizist in in- und ausländischen Journalen auf. Von 1850–55 lebte er in Paris, als Korrespondent für österreichische und deutsche Blätter tätig. Nach Wien zurückgekehrt, übernahm er im April 1856 die Chefredaktion der »Presse«, von deren Leitung er aber im Mai 1864 zurücktrat, um mit seinem Kollegen Max Friedländer im September d. J. die »Neue Freie Presse« (s.d.) zu begründen, deren Oberleitung E. nach dem Hinscheiden Friedländers (April 1872) in deutsch-liberalem Sinne bis zu seinem Tode weiterführte.
3) Buchdruckerfamilie, s. Estienne.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.