Echinokokkenkrankheit

Echinokokkenkrankheit

Echinokokkenkrankheit, eine durch Aufnahme der Eier eines im Hund vorkommenden Bandwurmes (Taenia echinococcus) in den Magendarmkanal des Menschen entstehende Krankheit. Die Embryonen dringen vom Magen aus in die verschiedensten Organe ein, am häufigsten in die Leber, doch auch in das Gehirn, die Milz, Lunge, Knochen etc. Hier verwandelt sich der Embryo in eine mit wässerigem Inhalt versehene Blase, die durch eine Bindegewebeschicht gegen das Gewebe des Organs abgegrenzt ist. Die Wand der Blase besteht aus einer dünnen, elastischen Haut und einer deren Innenseite aufliegenden dünnen, mit Muskelfasern und Gefäßen ausgestatteten Gewebeschicht. Aus letzterer entwickeln sich später Brutkapseln, die zu hakenbewehrten Bandwurmköpfchen sich gestalten und nach dem Hohlraum der Blase sich einstülpen. Die Blase kann, unter allmählichem Anwachsen bis zu Faustgröße, einfach bleiben, oder es entwickeln sich in ihrer Wand Tochterblasen, die beim Echinococcus hydatidosus nach innen frei werden, so daß die ursprüngliche Blase mit zahlreichen Tochter- und Enkelblasen erfüllt ist, oder beim E. granulosus nach außen austreten. Für eine besondere Art halten manche den E. multilocularis, bei dem die äußerst zahlreichen Blasen sehr klein sind, nur bis Erbsengröße erreichen und, in derbe Bindegewebeschwielen eingelagert, ganze Organe gleichmäßig durchsetzen. Die E. ist am häufigsten da, wo Hunde gehalten werden, besonders in Island. Nicht zu große Echinokokkenblasen machen keine stärkern Beschwerden, wenn sie nicht lebenswichtige Organe (z. B. das Gehirn) durch Druck bedrohen. Sehr gefährlich ist die jederzeit mögliche Vereiterung des Echinokokkus, die leicht zu Durchbruch in große Körperhöhlen (Bauchhöhle) oder zu Eiterfieber führen kann. Bei sehr großen Echinokokkenblasen oder Vereiterung der Blasen ist Operation nötig. Durch Medikamente kann die E. nicht geheilt werden; oft sterben Echinokokkusblasen von selbst unter Schrumpfung ab. Gefährlich und wegen der gleichmäßigen Durchsetzung der Organe der Operation nicht zugänglich ist der E. multilocularis. – Auch alle Haustiere werden von C. befallen, am häufigsten kommt sie beim Rind, Schaf und Schwein vor. Die mit den Exkrementen vom Hund ausgeschiedenen Eier gelangen leicht in das Futter, werden von den Tieren verzehrt und entwickeln sich in deren Körper. Am häufigsten sind Leber und Lunge von den Wurmblasen besetzt; oft erscheint die Leber als eine ungeheure Masse von Blasen verschiedenster Größe. Jedoch kommen letztere auch in andern Eingeweiden, vereinzelt auch im Gehirn, im Herzen und selbst in den Knochen vor. Auf dem Berliner Schlachthof werden jährlich etwa 70–80,000 Lungen und Lebern beseitigt, darunter zwei Fünftel wegen E. Letztere findet sich durchschnittlich bei 2 Proz. der Schweine, 2,5 Proz. der Schafe und 3 Proz. der Rinder. Nur wenn ihre Zahl so groß ist, daß sie die tätige Substanz der Leber zum größten Teil vernichten oder große Lungenabschnitte einnehmen, machen sie das Tier sichtlich krank und bedingen neben Abmagerung Atembeschwerden (Lungenechinokokken) oder Verdauungsstörungen (Leberechinokokken).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Echinokokkenkrankheit — Echinokokkenkrankheit, s. Bandwürmer und Leberechinokokkus …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Bandwürmer — (Cestodes Rud.), Ordnung der Plattwürmer (s. d.), sind mit den Saugwürmern nahe verwandt (s. unten), aber durch schmarotzendes Leben im Innern andrer Tiere stark umgestaltet. Man unterscheidet am Bandwurm (Fig. 1) den Kopf oder Skolex und die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Leberkrankheiten — sind, der Bedeutung des Organes entsprechend, wichtige und ziemlich häufige Leiden. Die Entzündung des serösen Überzugs der Leber (Perihepatitis) ist entweder eine Teilerscheinung der allgemeinen Bauchfellentzündung oder kommt ohne eine solche… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Lunge [1] — Lunge (Pulmo), das Organ zur Luftatmung bei den Wirbeltieren. (Über die Lungen bei niedern Tieren s. Atmung, S. 53.) Sie entsteht beim Embryo aus einer unpaaren Ausbuchtung des Vorderdarms, die allmählich in zwei Lappen auswächst und mit dem… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Bandwürmer — (Cestōdes), Ordnung der Plattwürmer, ohne Kreislaufs , Atmungs und Verdauungsorgane, im Innern anderer Tiere schmarotzend und die Nahrung durch Osmose mit der ganzen Körperoberfläche aufnehmend. Die scheinbar ein Ganzes bildenden Tiere sind nicht …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Leberechinokokkus — Leberechinokokkus, Echinokokkenkrankheit oder Hydatidengeschwulst der Leber, Krankheit bei Haustieren und Menschen, hervorgerufen durch die Finnen des Hundebandwurms (Taenia echinococcus v. Sieb.), die in die Leber und auch andere Eingeweide… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Leberhydatiden — Leberhydatīden, die bei der Echinokokkenkrankheit (s. Leberechinokokkus) in der Leber vorhandenen Finnenblasen von Taenia echinococcus v. Sieb …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Egbert Schwarz — Egbert Wolfgang Schwarz (* 22. Juni 1890 in Kemmern bei Riga; † 23. Dezember 1966 in Erfurt) war ein deutscher Chirurg. Er wirkte von 1921 bis 1934 als Professor an der Universität Rostock und von 1954 bis 1960 an der Medizinischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Echinokokken — Echinokọkken,   Singular Echinokọkkus der, , Echinocọccus, Gattung der Bandwürmer mit den auch für den Menschen gefährliche Arten Blasenbandwurm oder Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) und Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis). Die… …   Universal-Lexikon

  • Weinberg-Ghedini-Reaktion — We̲i̲nberg Ghedi̱ni Re|aktion: Komplementbindungsreaktion, mit der eine Echinokokkenkrankheit nachgewiesen werden kann …   Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”