Wernigerode

Wernigerode

Wernigerode, standesherrliche Grafschaft am Harz, dem Fürsten von Stolberg-W. gehörig, ehemals zum obersächsischen Kreis gerechnet, zwischen Halberstadt, Grubenhagen und Wolfenbüttel, bildet seit 1825 einen Kreis des preußischen Regierungsbezirks Magdeburg, umfaßt 278 qkm (5,05 QM.) und hat (1905) 34,456 Einw. Der nördliche Teil der Grafschaft bildet eine nur von einigen Anhöhen unterbrochene Ebene, der südliche umfaßt den höchsten Teil des Harzes mit dem Brocken. Der Hauptort der Grafschaft und des Kreises, die Stadt W., an der Holzemme, am Nordfuß des Harzes, Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Heudeber-Harzburg und der Eisenbahn W.-Nordhausen, 232 m ü. M., hat 3 evang. Kirchen und eine Kapelle, eine altluther. Kirche, ein altertümliches Rathaus, ein Gymnasium, ein Waisenhaus, eine Kuranstalt für Nervenleidende, ein Arbeitererholungsheim, ein Amtsgericht, 2 Oberförstereien, ein fürstliches Konsistorium, Branntweinbrennerei, Eisen- und Kunstgießerei, Wagen-, Schokolade- und Farbwaren-, Zigarren-, Papier-, Leder- und Käsefabrikation, eine Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen, Steinbrüche, Bierbrauerei, Sägemühlen, eine Anstalt für Landschaftsphotographie, eine Fabrik für photographische Papiere, Kunstschlosserei, Holzhandel etc. und (1905) 13,137 Einw., davon 234 Katholiken und 27 Juden. Neben der Stadt liegt auf einem 120 m über der Stadt liegenden Berge das schöne, neurestaurierte fürstliche Residenzschloß mit Bibliothek von 117,000 Bänden, Gemäldegalerie, Naturalienkabinett und Tiergarten. Dicht bei W. die Dörfer Hasserode (s. d., 1907 in W. eingemeindet) und Nöschenrode.

Der Kaufmannschaft zu W. wurde 1229 das Stadtrecht verliehen. Die Grafschaft war bereits seit Anfang des 12. Jahrh. im erblichen Besitz eines Geschlechts, und 1268 trug Graf Konrad II. diese dem askanischen Markgrafen von Brandenburg zu Lehen auf; in der Folge waren die Grafen nur 1381–1449 Vasallen des Erzstifts Magdeburg. Nach dem Aussterben des alten Geschlechts 1429 fiel die Grafschaft als Lehen an Graf Bodo II. von Stolberg (s. Stolberg, S. 57), der zu dem letzten Grafen von W. in einem nicht näher bekannten verwandtschaftlichen Verhältnis stand. Bis zum Tode des Grafen Wolfgang 1552 lag das Regiment fast fortwährend in einer Hand, dann aber traten Teilungen ein. Wolfgangs Söhne und Enkel, die sogen. Harzlinie, herrschten bis 1631. Dann folgte die von Wolfgangs älterm Bruder Heinreich abstammende Rheinlinie, die sich 1645 in die Linie Stolberg-Wernigerode und die Linie Stolberg-Stolberg spaltete. Letztere trennte sich 1706 wiederum in zwei Äste: Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla. Die Wernigeroder Linie schloß 1714 einen Rezeß mit der Krone Preußen, wodurch das Militär- und Steuerwesen ganz an Preußen übergingen. Nachdem 1807 die Grafschaft ein Bestandteil des Königreichs Westfalen geworden war, wurden nach den Siegen der Verbündeten 1814 die alten rezeßmäßigen Verhältnisse zur Krone wiederhergestellt und der Rezeß 1822 revidiert. Die Grafen, seit 1890 Fürsten, zu Stolberg-W. besitzen im Amt (Kreis) Hohnstein ein Waldgebiet, den »Hohnsteinschen Forst«, mit den Forstrevieren Rothesütte und Huftal, die Herrschaft Gedern in hessisch-darmstädtischem Gebiet und die große Waldherrschaft Ottowald in Oberschlesien. Vom Stammbesitz des Hauses abgetrennt sind die Fideikommißgüter oder Herrschaften Peterswaldau, Jannowitz und Kreppelhof in Schlesien. Die Prinzen Hermann und Wilhelm zu Stolberg-W. sind mit Gütern in der Provinz Posen ausgestattet. Die Regierungsrechte der Grafen zu Stolberg-W. sind im Oktober 1876 an Preußen übergegangen. Vgl. Läncher, Geschichte der gräflichen Häuser und der Grafschaften W. und Stolberg (Eisleben 1844); Varges, W. am Harz (2. Aufl., Wernigerode 1877); Sommer, Beschreibende Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler der Grafschaft W. (Halle 1883, nebst Orts- und Landeskunde von Jacobs); Jacobs, Urkundenbuch der Stadt W. bis 1460 (Halle 1891); M. von Cube, Die geschichtliche Entwickelung der fürstlich Stolbergischen Forsten zu W. (Berl. 1893); C. Prinz Radziwill, Entwickelung des fürstlich Stolbergischen Grundbesitzes (Jena 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wernigerode — Wernigerode …   Wikipédia en Français

  • Wernigerode — Wernigerode,   1) Kreisstadt in Sachsen Anhalt, 240 m über dem Meeresspiegel, am Nordrand des Harzes, 35 500 Einwohner; Fachhochschule »Harz«, Harzmuseum, Zweigstelle des Landesarchivs Magdeburg; Produktion von Elektromotoren, Schreibgeräten,… …   Universal-Lexikon

  • Wernigerode — Wernigerode, 1) Grafschaft u. Standesherrschaft, sonst zum Obersächsischen Kreise gerechnet, zwischen Halberstadt, Grubenhagen u. Wolfenbüttel, an u. auf dem Harze, 4,88 QM. mit 18,840 Ew. Die Grafen von W. trugen diese ihre Grafschaft 1268 den… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wernigerode — Wernigerode, Kreisstadt im preuß. Reg. Bez. Magdeburg, an der Holzemme, am Nordfuße des Harzes, (1900) 11.567 E., Amtsgericht, Gymnasium; Hauptort der standesherrlichen Grafsch. Stolberg W., fürstl. Residenzschloß auf einem Berge; die Grafschaft… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Wernigerode — Wernigerode, Standesherrschaft der Grafen von Stolberg W., ein eigener Kreis Reg. Bez. Magdeburg, 41/2 QM. mit 20000 E. Hauptstadt ist W., am Harze, mit 5600 E, Schloß mit sehenswerthen Sammlungen, Gymnasium …   Herders Conversations-Lexikon

  • Wernigerode — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Wernigerode — Infobox German Location Art = Stadt image photo = WenigerodeWinterViewFromCastle.jpg image caption = View from Wernigerode Castle over the town to the Brocken mountain in winter Wappen =Wappen Wernigerode.png Wappengröße = 113 lat deg = 51 | lat… …   Wikipedia

  • Wernigerode — Вернигероде Wernigerode Герб …   Википедия

  • Wernigerode — Original name in latin Wernigerode Name in other language Gorad Vernigerodeh, Vernigerode, Wernigerode, vuWernigerodeerunigerode, wei er ni ge luo de, Вернигероде, Верніґероде, Горад Вернігеродэ State code DE Continent/City Europe/Berlin… …   Cities with a population over 1000 database

  • Wernigerode — ▪ Germany       city, Saxony Anhalt Land (state), central Germany. It lies at the confluence of the Holtemme and Zillierbach rivers, north of the Harz Mountains and southwest of Magdeburg. First mentioned in 1121 and chartered in 1229, it joined… …   Universalium

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”