- Weckherlin
Weckherlin, Georg Rudolf, Dichter, geb. 15. Sept. 1584 in Stuttgart, gest. 13. Febr. 1653 in London, studierte in Tübingen die Rechte, machte 1604 Reisen in Deutschland und hielt sich dann in Stuttgart auf, von wo er mehrmals im Auftrag des Herzogs Johann Friedrich von Württemberg Reisen nach Frankreich und England unternahm. Zwischen 1620 und 1624 ließ er sich dauernd in England nieder und wurde unter Jakob 1. und Karl I. in Staatsgeschäften verwendet, wie es scheint, ohne feste Anstellung. 1644 erhielt er die Stelle eines Secretary for foreign tongues, in der ihm 1649 Milton folgte. W. ist ohne Zweifel der merkwürdigste unter den Dichtern, die vor Opitz eine Neugestaltung der deutschen Poesie im Sinne der Renaissanceliteratur versuchten. Für ihn waren französische Vorbilder, besonders Ronsard, maßgebend. Bei seinem Auftreten kannte W. noch kein höheres Gesetz für den deutschen Versbau als das der Silbenzählung, bei dem er auch, als Opitz mit seinen reformatorischen Bestrebungen schon fast allgemein durchgedrungen war, in der Theorie wenigstens beharrte; doch zeigt sich in den Änderungen, die er in den Ausgaben von 1641 und 1648 mit frühern Dichtungen vornahm, unverkennbar der Opitzsche Einfluß. Unter seinen Gedichten sind Neubearbeitungen der Psalmen, ferner Oden, Sonette, Trink- und Liebeslieder (darunter sehr anmutige und von tiefem Gefühl durchdrungene Erzeugnisse) sowie Preisgedichte auf historische Personen am meisten bemerkenswert. Auch einige Schriften in Prosa hat W. verfaßt. Sie stammen aus seiner Stuttgarter Zeit und geben Schilderungen verschiedener Hoffeste, die zur Feier fürstlicher Familienereignisse veranstaltet waren. Eine kritische Ausgabe von Weckherlins Gedichten veranstaltete H. Fischer (Stuttgarter Liter. Verein, 1893–95, 2 Bde.); eine Auswahl gab Goedeke heraus (Leipz. 1873, mit Biographie). Vgl. Conz, Nachrichten von dem Leben und den Schriften Weckherlins (Ludwigsb. 1802); Höpfner, Weckherlins Oden und Gesänge (Berl. 1865).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.