- Telegraphenordnung
Telegraphenordnung, ein Erlaß des Reichskanzlers über das Verhältnis der Telegraphenverwaltung zum Publikum. Soweit dieses Verhältnis rechtlicher Art ist, erfolgt die Regelung nach Artikel 52 der Reichsverfassung durch Reichsgesetz, soweit dieses Verhältnis indes schon unter der Norddeutschen Telegraphenverwaltung reglementarisch oder administrativ geregelt worden ist, erfolgt es nach Artikel 48 der Verfassung auch jetzt noch durch Reichskanzlererlaß oder Reichspostamtsverfügung. Der Geltungsbereich der T., ihre Eigenschaft als Vertrag oder Rechtsnorm und die Geltung der Ausführungsbestimmungen zur T. sind ebenso wie bei der Postordnung (s. d.). Die T. gilt auch für die mittels Eisenbahntelegraphen beförderten Privattelegramme. Die T. muß das jeweilige Verkehrsbedürfnis berücksichtigen; dementsprechend stimmt die jetzt gültige T. vom 16. Juni 1904, abgesehen von den Gebührensätzen, im wesentlichen mit der 1903 in London beschlossenen internationalen Ausführungsübereinkunft (s. Telegraphenverein, internationaler) überein. Die T. enthält Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Telegramme (s. Telegramm), Aufgabeort und -Zeit, Wortzählung, Gebühren, Nachsendung, Weiterbeförderung, Zurückziehung, Bestellung, Unbestellbarkeitsmeldung, amtliche Telegrammabschriften, Gebührenerstattung etc. Die Telegraphenverwaltung leistet für die richtige Überkunft der Telegramme oder deren Zustellung innerhalb bestimmter Frist keine Gewähr und hat Nachteile, die durch Verlust, Entstellung oder Verspätung der Telegramme entstehen, nicht zu vertreten. Die entrichtete Gebühr wird jedoch erstattet: a) für Telegramme, die durch Schuld des Telegraphenbetriebes gar nicht oder nicht innerhalb 12 Stunden, bez. später als ein Eilbrief in die Hände des Empfängers gelangt sind, b) für jedes verglichene Telegramm in geheimer Sprache und jedes Telegramm in offener Sprache, das infolge von Irrtümern bei der Übermittelung seinen Zweck nicht erfüllt hat. Durch die Ablehnung der Gewährleistung seitens der Telegraphenverwaltung wird die etwa aus § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu folgernde Verantwortlichkeit des Telegraphenbeamten nicht eingeschränkt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.