Taaffe

Taaffe

Taaffe, Eduard, Graf, österreich. Staatsmann, geb. 24. Febr. 1833 in Wien, gest. 29. Nov. 1895 in Ellischau (Böhmen), stammte aus irischem Geschlecht, war ein Sohn des Ministers von 1848, sodann Präsidenten des obersten Gerichtshofes, Grafen Ludwig Patrick T. (geb. 23. Dez. 1791, gest. 21. Dez. 1855). T., ein Spielgenosse des nachmaligen Kaisers Franz Joseph, trat 1852 in den Staatsdienst, dessen Stufen er rasch durchlief; 1863 wurde er bereits Landeschef im Herzogtum Salzburg. 1867 Statthalter in Oberösterreich und nach Belcredis Sturz 7. März d. J. Minister des Innern und provisorischer Leiter des Unterrichtsministeriums. Seit 1865 gehörte T. dem böhmischen Landtag an, im April 1867 wurde er Mitglied des Reichsrats. Im Ministerium Fürst Carlos Auersperg (seit 30. Dez. 1867) war T. Minister der Landesverteidigung und öffentlichen Sicherheit sowie Stellvertreter des Ministerpräsidenten und bildete damals im Kabinett mit Berger und Potocki eine Minorität, die eine mehr föderalistische Regierungstendenz befürwortete, um einen Ausgleich mit Tschechen und Polen herbeizuführen. Als Auersperg im Herbst 1868 zurücktrat, war T. bis 15. Jan. 1870 Ministerpräsident, und als sein Nachfolger Hasner, der die streng zentralistische Richtung vertrat, bald darauf gefallen war, war T. vom 12. April 1870 bis 9. Febr. 1871 wieder Minister des Innern, worauf er die Statthalterschaft von Tirol übernahm. Nach dem Rücktritte des Ministeriums Adolf Auersperg ward T. im Februar 1879 abermals Minister des Innern im Ministerium Stremayr und 12. Aug. Ministerpräsident; in seiner Programmrede vom 5. Dez. bezeichnete er die »Versöhnung der Nationalitäten« als sein Ziel. Nachdem sein Versuch, eine Mittelpartei zu schaffen, gescheitert war, bildete er aus Ultramontanen, Polen und Tschechen eine Majorität (»der eiserne Ring«), mußte aber diesen Parteien wichtige Zugeständnisse in der Sprachenfrage, in materiellen Punkten und in der Volksschulsache machen, wodurch er die liberalen Deutschen gegen sich erbitterte, ohne doch die slawischen Ansprüche zu befriedigen. Die von ihm herbeigeführte Herabsetzung des Wahlzensus von 10 auf 5 Gulden brachte neue Elemente, darunter das antisemitische, ins Parlament, die unter seiner Duldung größere Geltung erlangten. Als durch die Siege der oppositionellen Jungtschechen bei den böhmischen Landtagswahlen und durch den geringen Rückhalt, den deshalb der deutsch-böhmische Ausgleich von 1890 bei den Tschechen hatte, die Majorität brüchig geworden war, löste T. Anfang 1891 den Reichsrat auf und näherte sich der Linken, deren Vertrauen er aber um so weniger gewinnen konnte, als er der Unterstützung Hohenwarts nicht entraten mochte. Um den unsichern Parlamentsverhältnissen ein Ende zu machen, legte er im Oktober 1893 ein Wahlreformgesetz vor, das aber gar keine Partei befriedigte und eine Koalition der Linken, der Polen und des Zentrums gegen ihn heraufbeschwor. Am 11. Nov. trat er, aufs ehrenvollste entlassen, aus dem Amt und zog sich ins Privatleben zurück. Interessante Korrespondenzen aus dem Nachlaß Taaffes veröffentlichte die Prager Tageszeitung »Politik« Anfang Dezember 1904.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Taaffe — can refer to:*Viscount Taaffe (Title and family) *Nicholas Taaffe, 6th Viscount Taaffe (1685 ndash;1769), Count of the Holy Roman Empire *Eduard Taaffe, 11th Viscount Taaffe (1833 ndash;1895), Prime Minister of Austria 1868 ndash;1870 and 1879… …   Wikipedia

  • Taaffe — steht für: Viscount Taaffe, ein erblicher Adelstitel in der Peerage of Ireland Taaffe ist der Familienname folgender Personen: Eduard Taaffe (1833–1895), österreichischer Politiker; Ministerpräsident und Innenminister von Cisleithanien, Sohn von… …   Deutsch Wikipedia

  • Taaffe — Taaffe,   Eduard Graf von, österreichischer Politiker, * Wien 24. 2. 1833, ✝ Schloss Ellischau (heute Nalžovské Hory, Westböhmisches Gebiet) 29. 11. 1895; Jugendgefährte Kaiser Franz Josephs I. Der konservativ ausgerichtete Taaffe war 1867, 1870… …   Universal-Lexikon

  • Taaffe — Taaffe, ein der Katholischen Confession folgendes altes irländisches Geschlecht, welches 1628 zu Peers von Irland mit dem Titel Barone von Ballymote u. Lord Viscounts von Corren (beide Besitzungen in der Grafschaft Sligo) erhoben wurde u. 1662… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Taaffe — Taaffe, Eduard, Graf von, österr. Staatsmann, geb. 24. Febr. 1833 zu Prag, 1867 im sog. Bürgerministerium Minister des Innern, dann der Landesverteidigung und Polizei, Okt. 1868 bis Jan. 1870 Ministerpräsident, seit April 1870 wieder Minister des …   Kleines Konversations-Lexikon

  • taaffe — taaffe·ite; …   English syllables

  • Taaffe O'Connell — Nombre real Taaffe O Connell Nacimiento 14 de mayo de 1951 (60 años) Providence, Rhode Island Ocupación Actriz …   Wikipedia Español

  • Taaffe O'Connell — Infobox actor imagesize = 150px name = Taaffe O Connell birthname = Taaffe O Connell birthdate = ? location = Rhode Island,U.S. deathdate = deathplace = othername = yearsactive = 1974 – presentTaaffe O Connell is an American actress, best knowed… …   Wikipedia

  • Taaffe, Eduard, count von — born Feb. 24, 1833, Vienna, Austria died Nov. 29, 1895, Ellischau, Bohemia, Austria Hungary Austrian politician and prime minister (1868–70, 1879–93). A boyhood friend of the future emperor Francis Joseph, he entered the civil service in 1852 and …   Universalium

  • Taaffe — This famous medieval surname is recorded in over one hundred spellings, and found throughout Europe. These include examples such as Daud, Dewi, and Taffe, through to patronymics Davidge, Davidovich, and Davitashvili. It owes its popularlity to… …   Surnames reference

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”